Stille Trennung: Wenn das Geduldende sich erschöpft

— Was ist mit dir passiert? — Lena starrte ihren Mann an, als er gerade die Wohnung betrat.

— Hingefallen, — knurrte er durch die Zähne.

— Seltsam, — verschränkte Lena die Arme. — Du kannst kaum den Mund aufmachen, hältst dich an der Seite fest, schleppst das Bein nach… Hingefallen, echt?

— Glück gehabt, — murmelte er gereizt und humpelte zum Sofa.

— Ernsthaft? Im Mai, ohne Schnee oder Eis, ohne Pfützen — und das nennt man Glück? Sag schon, wer war das?

— Hör auf damit! — setzte er sich, vor Schmerz das Gesicht verzerrt. — Glück gehabt, und fertig!

— Heißt das, morgen kommst du nicht mit zum Gericht?

— Siehst du doch. Ich schaffe es nicht mal zur Tür. Können wir das verschieben?

— Klaus, — die Stimme von Lena wurde schärfer, — wir haben monatelang auf diese Verhandlung gewartet! Das ist nicht irgendein Termin — wir müssen das Eigentum für die Kinder sichern, bevor du noch mal „Glück hast“ und diesmal schlimmer endest.

— Meine Verwandten werden doch nicht gegen euch klagen… — brummte er.

— Das denkst du jetzt. Und später? Wir gehen genau deswegen dahin, damit die Wohnung bei den Kindern bleibt. Damit alles rechtlich geregelt ist, ohne Überraschungen. Denk doch mal nach!

— Ich denke schon, — wandte er sich ab. — Aber mir kommt das alles verfrüht vor.

— Verfrüht? Guck dich doch an! Alles geht bergab: Gesundheit, Kraft, Laune… Nicht mal die einfachsten Sachen bekommst du hin — nicht mal die Schranktür schließt richtig.

— Fang nicht wieder an! Wir hatten doch ausgemacht, dass wir das nicht aufwärmen!

— Solche Dinge vergisst man nicht, Klaus. Und du weißt das selbst. Sag lieber: Hast du schon entschieden, dass ich „abgeschrieben“ bin?

— Du schreibst mich ab! War mal dein Mann — und jetzt? Nichts mehr.

— Nicht ganz. Ich sehe nur, dass du dich jeden Tag weiter entfernst. So kann ich nicht leben. Und du hast selbst gesagt: Nimm mich, wie ich bin. Das habe ich getan. Aber schlimmer — das ist kein „Wie ich bin“ mehr. Das ist Verfall, Klaus.

Er presste die Zähne zusammen. Es schmerzte, körperlich und seelisch. Früher war er der Stützpfeiler der Familie. Und jetzt? Jetzt fühlte er sich nutzlos. Wie ein verschlissenes Stück, das man wegwirft — aber noch nicht überwindet, es zu tun.

Dabei war er einmal ihr Ein und Alles gewesen.

Die Ehe von Klaus und Lena hatte achtzehn Jahre gedauert. In jungen Jahren war alles perfekt: Heirat, eine Eigentumswohnung in Frankfurt, zuerst kam Sophie, dann Jakob. Es schien wie im Märchen — Freunde, Nachbarn, Hilfsbereitschaft.

Doch nach sechzehn Jahren brach alles zusammen.

Lena kümmerte sich nicht mehr um ihr Äußeres, Klaus respektierte Lena nicht mehr. Sie im Bademantel, er mit Vorwürfen. Streit, Schweigen, Kälte.

— Ich komme mit dem Geld nicht nach, und ihr verschwendet alles! — beschwerte er sich.

— Was, futtern wir etwa Geldscheine? — spottete Lena bitter.

Er begann, nachzurechnen: Wem welcher Teil der Wohnung gehört, wer was bezahlt hatte. Das Auto, die Kredite, das Sofa, die Renovierungen.

— Wir müssen klären, wer wem was schuldet, — erklärte er.

Lena gab sich lange die Schuld: Vielleicht war sie zu dick, zu alt geworden. Sie nahm sich zusammen — fünfzehn Kilo weg, Make-up, neue Kleidung. Und er? Keine Reaktion. Als bestrafe er sie dafür, dass sie sich verändert hatte.

Klaus war kein Ehemann mehr. Er war ein Mitbewohner, der nur noch im selben Haus schlief.

Lena ging zu den Nachbarinnen — erzählte nicht alles, aber das Wesentliche. Der Frauenrat funktionierte wie ein Schweizer Uhrwerk. Petra, die Psychologin, Gisela, die Anwältin, Heidi und Monika — Alleskönnerinnen.

— Er demütigt dich, um dich gefügig zu machen, — analysierte Petra.

— Wenn er anfängt, Eigentum aufzuteilen, bereitet er die Scheidung vor, — bestätigte Gisela.

Der Plan war schnell gefasst: Unterhalt, Vermögensteilung, Klarheit. Ohne Theater, mit Köpfchen.

Lena reichte die Scheidung ein. Gerichtstermin in zwei Wochen.

Dann begann die Rache. Kein Spektakel, still, aber schmerzhaft.

Zuerst gingen sie auf den Markt — und schauten bei Heidis Werkstatt vorbei. Lena schlug vor, dass Klaus das Auto durchchecken lasse. In vierzig Minuten zog Heidi ihn so durch den Kakao, dass er gedemütigt herauskroch.

Dann rief Lena einen „Mann für alles“, während Klaus zu Hause war. Es kam dieselbe Lena im Blaumann. Sie wechselte Steckdosen, schraubte Schränke fest, reparierte den Wasserhahn — und kommentierte alles laut:

— Männer heutzutage! Kein Nagel wird gerade eingeschlagen, keine Steckdose angeschlossen! Muss alles selbst machen…

Drei Stunden. Laut.

Nächste Nummer: Ein Workshop von Tanjas Freundinnen. Zwei Models flirteten im Café mit ihm, baten um eine Mitfahrgelegenheit. Dann um ein „Trinkgeld“. Er willigte ein. Als er begann, zudringlich zu werden, demonstrierten sie ihm „höflich“ Selbstverteidigungstechniken. Er humpelte gedemütigt nach Hause.

— Klaus, — rief Lena aus dem Flur. — Wir haben Gäste! Meine Freundinnen.

Er hob den Blick — und erstarrte. Das ganze Team war da. Anwältin, Psychologin, Handwerkerin, Mechanikerin und sogar „die Models“.

— Ist das eine Verschwörung?

— Das ist eine Chance, Klaus. Eine Chance, unsere Ehe zu retten. Morgen ist der Prozess. Der Unterhalt läuft schon. Aber wenn du aufwachst, wenn du aufhörst, ein Egoist zu sein, und wieder ein Mensch wirst — dann versuchen wir es noch einmal. Und diese Frauen wirst du nie vergessen. Niemals.

Klaus nickte schweigend.

Er versuchte, der Alte zu sein. Nicht lange. Nach ein paar Monaten siegte wieder der innere Dämon.

Die Scheidung verlief still. Ohne Schreie, ohne Dramen.

Aber Lena blieb nicht allein.

Sie hatte ihre Freundinnen. Und ihren Stolz.

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