Stilles Ende: Wenn das Geduldmaß überschritten wird

**Stiller Abschied: Als die Geduld platzte**

„Was ist mit dir passiert?“ – Greta starrte ihren Mann an, kaum dass er die Wohnung betreten hatte.

„Hingefallen“, knurrte Niklas durch die Zähne.

„Komisch.“ Greta verschränkte die Arme. „Kannst den Mund nicht aufmachen, hältst dir die Seite, schleppst das Bein… Hingefallen, sagst du?“

„Glück gehabt“, brummte er gereizt und humpelte zum Sofa.

„Ernsthaft? Im Mai, ohne Eis und Schnee, ohne Pfützen – und das nennt du ‚Glück‘? Sag schon, wer dich so zugerichtet hat!“

„Hör auf!“ Er ließ sich schwer fallen und verzog das Gesicht. „Glück gehabt, Punkt!“

„Also gehst du morgen nicht zum Gerichtstermin?“

„Siehst du doch. Komm nicht mal bis zur Tür. Können wir das verschieben?“

„Niklas.“ Gretas Stimme wurde scharf. „Wir haben monatelang auf die Verhandlung gewartet! Wir gehen nicht ohne Grund – das Vermögen muss für die Kinder gesichert werden, bevor du dich ‚glücklich‘ und endgültig ruinierst.“

„Meine Familie wird nicht gegen dich klagen…“, murmelte er.

„Das denkst du jetzt. Aber später? Wir gehen hin, damit die Wohnung den Kindern bleibt. Damit alles rechtssicher ist, keine Überraschungen. Denk doch mal nach!“

„Tu ich.“ Er drehte sich weg. „Aber es kommt mir alles zu früh.“

„Zu früh? Sieh dich an! Alles geht den Bach runter: Gesundheit, Kraft, Laune… Nicht mal die simpelsten Dinge – wie die Türangeln – kriegst du gerade.“

„Fang nicht damit an! Wir hatten ausgemacht, das nicht mehr anzusprechen!“

„So was vergisst man nicht, Niklas. Und du weißt das. Sag lieber gleich: Hast du beschlossen, mich ‚abzuschreiben‘?“

„Du schreibst mich ab! War mal dein Mann – jetzt nicht mehr!“

„Nicht ganz. Ich sehe nur, wie du dich täglich entfernst. So kann ich nicht leben. Du hast selbst gesagt: Nimm mich, wie ich bin. Das habe ich getan. Aber schlimmer – das ist nicht mehr ‚wie ich bin‘. Das ist Verfall, Niklas.“

Er presste die Zähne zusammen. Es schmerzte – körperlich und seelisch. Früher war er der Fels der Familie. Und jetzt? Fühlte er sich überflüssig. Wie ein abgenutztes Stück, das man wegwirft, aber sich noch schämt.

Dabei war er einmal ihr Ein und Alles gewesen.

Niklas und Gretas Ehe hatte achtzehn Jahre gehalten. In jungen Jahren war alles perfekt: Sie heirateten, kauften eine Wohnung, bekamen Sophie, dann Finn. Es war wie im Märchen – Freunde, Nachbarn, Hilfe, Zusammenhalt.

Doch nach sechzehn Jahren begann alles zu bröckeln.

Greta kümmerte sich nicht mehr um sich, Niklas verlor den Respekt. Sie im Hausmantel, er voller Vorwürfe. Streit, Schweigen, Kälte.

„Ich komme kaum hinterher mit dem Geld, und ihr gebt es aus!“, beschwerte er sich.

„Was, essen wir etwa Scheine?“, spottete Greta bitter.

Er begann, sich zu fragen: Wem gehört welcher Teil der Wohnung? Wer hat was bezahlt? Das Auto, die Kredite, das Sofa, die Renovierung.

„Wir müssen ausrechnen, wer wem was schuldet“, erklärte er.

Lange gab Greta sich die Schuld: Vielleicht war sie zu dick, zu alt. Sie nahm ab – fünfzehn Kilo weniger, Make-up, neuer Stil. Und er? Keine Reaktion. Als bestrafe er sie dafür, dass sie sich traute, sich zu ändern.

Niklas war kein Ehemann mehr. Er war ein Mitbewohner, der im selben Bett schlief.

Greta vertraute sich den Nachbarinnen an – nicht alles, aber genug. Der Damenkreis arbeitete wie Schweizer Präzision. Sabine – Psychologin, Anja – Anwältin, Lena und Greta – Alleskönnerinnen.

„Er demütigt dich, um dich gefügig zu machen“, erklärte Sabine.

„Wenn er das Vermögen aufteilt, bereitet er die Scheidung vor“, bestätigte Anja.

Schnell stand der Plan: Unterhalt, Teilung, Sicherheit. Keine Dramen, nur Berechnung.

Greta reichte die Klage ein. Verhandlung in zwei Wochen.

Dann begann die Rache. Nicht laut, aber schmerzhaft.

Erst ging es auf den Markt – und zufällig in Lenas Werkstatt. Greta schlug vor, das Auto checken zu lassen. In vierzig Minuten legte Lena ihn derart bloß, dass er geschlagen herauskam.

Dann bestellte Greta einen „Mann für alles“, während Niklas zu Hause war. Lena kam im Blaumann. Sie tauschte Steckdosen, richtete Schränke, reparierte den Wasserhahn – und kommentierte dabei:

„Männer heutzutage! Keinen Nagel einschlagen, keine Steckdose reparieren! Muss alles für sie gemacht werden…“

Drei Stunden. Laut.

Der nächste Akt: Der Workshop von Tanjas Mädels. Zwei Models flirteten im Café, baten um eine Mitfahrgelegenheit. Dann um „ein Trinkgeld“. Er willigte ein. Kaum griff er zu – wehrten sie ihn mit Selbstverteidigungstechniken ab. Er humpelte nach Hause, gedemütigt.

„Niklas!“ Gretas Stimme hallte aus dem Flur. „Wir haben Gäste! Meine Freundinnen.“

Er hob den Blick – und erstarrte. Das ganze Team war da. Anwältin, Psychologin, Handwerkerin, Mechanikerin – und sogar „die beiden Models“.

„Ist das eine Verschwörung?“

„Eine Chance, Niklas. Die Chance, unsere Ehe zu retten. Morgen ist der Termin. Der Unterhalt läuft schon. Aber wenn du dich besinnst, wenn du kein Egoist mehr bist und wieder ein Mensch wirst – versuchen wir es noch einmal. Und diese Frauen wirst du nie vergessen. Niemals.“

Niklas nickte stumm.

Er versuchte, der Alte zu sein. Kurz. Nach zwei Monaten siegte das alte Ich.

Die Scheidung verlief leise. Keine Schreie, keine Szene.

Aber Greta blieb nicht allein.

Sie hatte ihre Freundinnen. Und ihren Stolz.

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Unerwartete Besucher: Die Tragödie eines Familiengeheimnisses