Aufstand der Einsamkeit: Das Drama zweier Brüder

**Tagebucheintrag: Der Aufstand der Einsamkeit**

Markus und Stefan blickten sich beklommen an. Gerade hatten sie ihre Frauen und Kinder in den lang ersehnten Urlaub an die Ostsee verabschiedet, in ein beschauliches Städtchen am Fuße der Alpen. Markus konnte nicht mit – sein strenger Vorgesetzter hatte den Urlaub kurzfristig gestrichen, ohne Erklärung. Miriam, seine Frau, wollte die Reise stornieren, denn getrennt Urlaub machen war nicht ihre Art. Doch Markus bestand darauf: Kein Chef würde seiner Familie die wohlverdiente Auszeit nehmen. Miriam und die Kinder fuhren ans Meer, einen gemeinsamen Trip würden sie nachholen.

Stefan hingegen hatte keine Lust auf Familienzeit. Seine Frau Katrin und die Kinder erschöpften ihn das ganze Jahr. Hatte er, ein Mann in seinen besten Jahren, nicht wenigstens ein paar Tage Freiheit in der leeren Wohnung verdient? Mit der Ausrede einer dringenden Renovierung blieb er zu Hause und freute sich auf die Ruhe.

Als die Frauen weg waren, wollten die Brüder auseinandergehen, doch Stefan zögerte.

„Ab morgen sind die Handwerker da – Lärm, Staub, Farbe. Ich brauche ein paar Tage woanders“, murmelte er und kratzte sich am Nacken.

„Wer passt dann auf die Arbeiter auf?“, fragte Markus misstrauisch.

„Ich schau täglich vorbei, die schicken mir Fotos.“

„Komm zu mir“, bot Markus an. „Die Wohnung ist leer, ohne Miriam und die Kinder einfach nur trostlos. Du wärst Gesellschaft.“

Stefan strahlte, als hätte er im Lotto gewonnen. Er versprach, noch am Abend seine Sachen zu packen.

„Aber bring nicht deinen ganzen Kleiderschrank mit“, grinste Markus. „Eine Woche halt ich’s mit dir aus.“

Stefan nickte begeistert und verschwand. Abends schlug er vor, ihren „Junggesellenstatus“ zu feiern.

„Lass uns einen draufmachen! Freiheit, Bruderherz!“

„Keine Lust“, seufzte Markus. „Ich schau lieber einen Film und penn dann.“

„Wie du willst“, brummte Stefan, doch ein verschmitztes Funkeln blitzte in seinen Augen auf.

„Neidisch bin ich“, gestand Markus. „Hätte ich Urlaub, läg ich jetzt mit Miriam am Strand.“

„Versteh dich nicht“, schnaubte Stefan. „Katrin hält mich wie an der Kette. Kein Schritt ohne mich. Und jetzt endlich mal Luft!“

Markus schüttelte den Kopf. Stefan war ihm fremd. Beide hatten aus Liebe geheiratet, doch Stefan behandelte Katrin mit Gleichgültigkeit. Scheiden wollte er nicht – er mochte den Komfort, den sie schuf – aber bei jeder Gelegenheit suchte er Abenteuer.

Am nächsten Tag fuhr Markus zur Arbeit. Er war in einer Filiale in der Nachbarstadt und käme spät zurück. Stefan, allein zu Hause, spürte sofort den Rausch der Freiheit. Wenn sein Bruder so prinzipientreu war – warum nicht die Chance nutzen? Markus‘ Bett war königlich, nicht wie ihre alte, knarrende Couch. Die Entscheidung stand fest.

Stefan feierte ausgiebig. Er lud zwei Frauen ein, die nichts gegen lockere Moral hatten. Wein, Pizza, laute Musik – alles perfekt. Er genoss jeden Moment.

Doch er hatte vergessen: Miriams Mutter, Gudrun, hatte einen Wohnungsschlüssel. Sie kam oft, um die Blumen zu gießen oder Sachen für die Enkel abzuholen. Stefan hörte nicht, wie der Schlüssel im Schloss drehte. Erst Gudruns empörter Schrei riss ihn aus seinem Rausch. Sie dachte, Fremde hätten die Wohnung verwüstet.

Panisch versteckte Stefan sich im Schrank, überließ den Frauen die Aufräumarbeiten. Sein Herz hämmerte.

„Stefan, raus! Deine Schwiegermutter ist weg!“, kicherte eine der Frauen.

„Was hat sie gesagt?“, stammelte er.

„Nichts, nur geschimpft. Aber du bist wohl jetzt erledigt.“

Er schickte die Frauen weg und fing an, aufzuräumen. „Was habe ich bloß angerichtet?“, dachte er verzweifelt. „Gudrun wird Miriam alles erzählen.“

Und so geschah es. Gudrun rief ihre Tochter an, erzählte zitternd von den halbnackten Frauen. Miriam tobte am Telefon. Markus beteuerte, er sei den ganzen Tag auf Arbeit gewesen – Stefan sei schuld. Doch Miriam weinte, schrie, sie wolle die Scheidung.

„Was hast du getan?!“, fauchte Markus, als er heimkam. „Miriam verlässt mich, glaubt, ich hätte fremde Frauen hier gehabt!“

„Es war ein Missverständnis, beruhige dich!“, jammerte Stefan.

„BerDoch die Wahrheit kam nie ans Licht, und während Stefans Ehe sich überraschenderweise festigte, blieb Markus für immer in der Einsamkeit gefangen, die sein Bruder ihm aufgezwungen hatte.

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Aufstand der Einsamkeit: Das Drama zweier Brüder
Das Versteckspiel mit den Schatten der Vergangenheit