Scheidung ohne Rückkehrrecht

**Scheidung ohne Vergebung**

— Marlene? Hallo… Wir dachten, du kommst erst am Freitag zurück, — stammelte die Schwiegermutter verlegen, als sie die Tür öffnete.

— Guten Tag, Hildegard. Ich musste den Urlaub abbrechen — Notfall auf der Arbeit. Da dachte ich, ich schaue schnell vorbei… Sind meine Jungs hier?

Die ältere Frau nickte unsicher:

— Anton ist hier, aber Alex ist gerade dabei, eine Kollegin nach Hause zu bringen… Larissa. Hast du dich nicht mit ihm abgesprochen?

Marlene spürte, wie sich ihr Nacken spannte.

— Er ging nicht ans Telefon. Und wer bitte ist Larissa?

Die Schwiegermutter fing an, nervös zu werden.

— Sie saß im Auto. Alex hat Anton nur übers Wochenende zu mir gebracht. Ich habe sie dann zum Tee eingeladen… war ja irgendwie unhöflich, sie einfach draußen stehen zu lassen.

— Ah… Eine sehr interessante Zusammenkunft, — sagte Marlene eisig. — Und wie lange »bringt« er sie schon nach Hause?

— Vor etwa zwei Stunden sind sie losgefahren…

Marlene verabschiedete sich knapp, nahm ihren Sohn und ging.

Während der Fahrt plapperte der fünfjährige Anton ahnungslos drauflos — jedes Wort ein Messerstich:

— Wir waren mit Papa und Tante Larissa auf dem Jahrmarkt! Wir haben Eis gegessen und sind Karussell gefahren. Dann sind wir zu Oma.

Marlene lächelte mechanisch.

— Verstehe… Papa wird mir das später erklären.

Ihre Gedanken rasten wie Regentropfen gegen eine Scheibe. Alles war klar, noch bevor sie zu Hause ankam.

Die Kur hatte sie als Bonus für herausragende Leistungen bekommen. Endlich mal Urlaub ohne Mann und Kind. Doch ihre Magenprobleme ließen nicht nach, die Behandlung war notwendig. Alex hatte versichert, alles im Griff zu haben. Marlene war skeptisch, fuhr trotzdem… und bereute es jetzt.

Schon vor der Abreise war ihr aufgefallen, dass sein Lächeln anders wirkte — selbstgefällig, distanziert. Damals hatte sie es ignoriert.

Jetzt ergab alles plötzlich Sinn.

Spät in der Nacht meldete sich Alex endlich:

— Hallo, mein Akku war leer… Alles gut, wir übernachten bei meiner Mutter.

— Ach, bei deiner Mutter? Komisch… denn ich liege zu Hause. In unserem Schlafzimmer. Und Anton in seinem Zimmer. Bist du etwa im Kleiderschrank?

Er legte auf. Nach vierzig Minuten stand er in der Tür.

— Keine Szene. Du hättest es eh rausgefunden. Ich wollte nicht, dass du von Larisa weißt, — sagte er gelassen.

Marlene hörte zu und traute ihren Ohren nicht: Er rechtfertigte sich nicht einmal — er erklärte ruhig, wie er seine Geliebte zu seiner Mutter gebracht hatte. Wie er ihren Sohn mit ihr bekannt gemacht hatte. Wie er testen wollte, ob sie »in ihr Leben passte«.

— Bist du noch bei Trost?! — flüsterte sie.

— Ich habe nicht damit gerechnet, dass du früher kommst…, — zuckte er nur mit den Schultern.

Sie weinte. Er schwieg. Dann ging er schlafen.

Am nächsten Morgen: Kindergarten, Tränen, Misstrauen, dumpfer Schmerz.

Marlene hielt es nicht aus — sie fuhr zu ihrer Schwiegermutter.

— Womit habe ich das verdient? Ich habe dich gepflegt, dir geholfen, mich auf dem Land abgerackert — und das ist dein Dank?

Hildegard wandte den Blick ab.

— Es tut mir leid… Ich wusste wirklich nichts, bevor du weggefahren bist. Und dann… ich konnte mich einfach nicht gegen meinen Sohn stellen.

Abends stand Alex wieder da.

— Ich denke, die Scheidung steht fest. Jetzt müssen wir nur noch klären, wie wir die Wohnung aufteilen.

— Meinst du die Wohnung, die mir mein Vater hinterlassen hat? Die ich vor der Ehe bekommen habe?

— Ich habe Geld reingesteckt.

— Das Geld deiner Mutter, nicht deins. Sie haben damit im Grunde das Zuhause ihres Enkels renoviert.

— Ich verlange meinen Anteil!

— Du bekommst deine Freiheit. Das sollte reichen.

Alex verzog das Gesicht. Er fing an zu brüllen. Das Kind wachte weinend auf. Schließlich riss ihm der Geduldsfaden — und er verschwand.

Die Scheidung wurde durchgezogen. Die Wohnung bekam er nicht.

Ein Jahr verging.

Alex holte seinen Sohn immer seltener ab. Die neue Frau, Larissa, war ganz und gar nicht so »sanft«, wie erhofft. Die Schwiegermutter versuchte, Kontakt zur Ex-Schwiegertochter zu halten — vergeblich.

Marlene verkaufte die Wohnung, packte ihre Sachen und zog nach Travemünde — dorthin, wo sie sich zum ersten Mal seit Langem wieder lebendig fühlte.

Dort fing sie neu an. Ohne Alex. Ohne Verrat. Nur sie und ihr Sohn.

Оцените статью
Scheidung ohne Rückkehrrecht
Verrat und der Beginn eines neuen Morgens: Eine dramatische Wendung