Vom faulen Leben zum Neuanfang: Eine Begegnung verändert alles.

Ich war ein fauler, verwöhnter Zwanzigjähriger, ein Nichtsnutz. Doch eine Begegnung veränderte mein Leben für immer.

Als ich fünf oder sechs war, sagte meine Mutter oft: »Mein Junge, du sollst alles bekommen, was du willst – und Punkt.« Erst ging es um Spielzeug, dann um das größte Stück Kuchen auf Feiern, um Medaillen bei Schulwettbewerben. Wenn es nicht auf friedliche Weise klappte, gab es einen Skandal, bis ich meinen Willen bekam. So wuchs ich, ohne es zu merken, mit der Überzeugung auf, dass mir die Welt etwas schuldete. Nicht einfach schuldete – verpflichtet war.

Meine Mutter gab sich alle Mühe. In ihren Augen war ich das einzige Licht in ihrem Leben, und sie tat alles, damit ich mich besonders fühlte. Doch diese übermäßige Fürsorge, diese grenzenlose Nachsicht machten mich nicht zu einem guten Menschen. Im Gegenteil – ich wurde launisch, faul und antriebslos. Ich lebte in den Tag hinein und dachte, das würde immer so weitergehen. Bis alles zerbrach. Erst verlor ich den Job, den meine Mutter mühsam über Bekannte organisiert hatte. Dann starb sie. Plötzlich. Eine Krankheit, die niemand rechtzeitig erkannte. Und plötzlich stand ich allein da, in völliger Leere – ohne Geld, ohne Freunde, ohne Ziel. Als wäre meine ganze vertraute Welt verschwunden.

Erst dann erinnerte ich mich an meinen Vater.

Er war immer still gewesen, wortkarg, als existiere er gar nicht neben der dominierenden Präsenz meiner Mutter. Er hatte ihr nie widersprochen, lebte wie im Schatten, ohne Eigeninitiative. Doch als sie nicht mehr da war, veränderte er sich. Oder vielmehr – er wurde endlich er selbst. Er sah mich mit ganz anderen Augen an, wie ein verlorenes Kind, das man noch retten konnte. Nach ein paar Monaten schlug er vor: »Es wird Zeit, etwas zu ändern. Wir ziehen aufs Land.« Ich war schockiert.

»Was?! Ich? Aufs Land?«, empörte ich mich wie ein wahrer »Stadtprinz«, der an bequemes Nichtstun gewöhnt war.
»Wir bauen Sonnenblumen an. Und halten Hühner«, sagte er ruhig.

Ich knallte einfach die Tür zu. Er fuhr allein. Er versuchte nicht, mich zu überreden. Und das war richtig so.

Zwei Monate lang irrte ich durch die Stadt, versuchte vergeblich, Arbeit zu finden. Ich wurde nach einer Woche wieder entlassen. Nichts klappte. Das Geld ging aus, der Stolz verflog. In meiner Verzweiflung rief ich meinen Vater an und hoffte, er würde mir Geld schicken. Doch er sagte nur:
»Komm her. Sieh selbst.«

Ich hatte keine Wahl mehr. Drei Tage später saß ich im Zug Richtung eines kleinen Dorfes in der Nähe von Braunschweig. Im Abteil lernte ich eine Frau kennen. Wir kamen ins Gespräch. Es stellte sich heraus, dass sie ebenfalls dorthin unterwegs war – zu ihrer Mutter, bei der ihre Tochter lebte. Wir gingen zusammen den Weg entlang, als ich plötzlich ein Mädchen von etwa zwölf Jahren sah – sie grub Erde im Garten vor dem Haus.
»Hallo! Wollt ihr eine Schaufel? Der Boden ist heute weich – perfekt für Tomaten«, sagte sie mit strahlendem Lächeln.

Es traf mich wie ein Schlag. Dieses Mädchen war das komplette Gegenteil von mir. Sie war die Tochter der Frau und wohnte neben meinem Vater. Da er nicht da war, luden sie mich zu sich ein. Ich blieb zum Abendessen und bemerkte plötzlich, dass ich schon mit einer Schaufel im Garten stand, neben diesem kleinen Mädchen namens Lina, das mir begeistert erklärte, wie man Setzlinge pflanzt. Und mir gefiel es.

Von da an änderte sich alles. Ich verbrachte viel Zeit mit ihr. Während mein Vater mit ihrer Mutter – Katharina – auf dem Feld arbeitete, blieb ich bei Lina. Sie zeigte mir, wie man den Schuppen aufräumt, eine Ziege melkt, Dill zum Trocknen schneidet… Ihre Energie reichte für drei. Sie hatte mit sieben ihren Vater verloren, war schwer krank gewesen, aber nie hatte sie geklagt. Sie war stärker und weiser als ich.

Und dann bewegte sich zum ersten Mal etwas in meinem Herzen. Ich begann, früher aufzustehen, trug eigenständig den Eimer raus, fütterte die Hühner, rannte mit ihr durch den Garten, lachte, lernte, mich an den kleinen Dingen zu freuen. Bis sie eines Tages krank wurde. Fast vierzig Grad Fieber. Und ihr Körper war geschwächt. Alle machten sich Sorgen. Diese Nacht war die Hölle. Ich wich nicht von ihrer Seite. Und erst dann begriff ich: Ich war nicht mehr derselbe.

Ein halbes Jahr später erkannte ich mich selbst nicht wieder. Ich war jemand geworden, über den ich mich früher lustig gemacht hätte. Ich mochte es, eine Blume aufblühen zu sehen. Ich trug stolz den Futtereimer. Ich lernte kochen. Ich begann zu leben.

Später kehrte ich in die Stadt zurück. Ich begann ein Lehramtsstudium. Wollte Kinder unterrichten – die Ironie, nicht wahr? Ein verwöhnter Faulpelz, der selbst kaum leben konnte, wollte Lehrer werden. Doch wisst ihr was? Es klappte. Heute habe ich meine eigene Klasse, ehemalige Schüler kommen vorbei, nur um zu reden. Und ich habe eine Familie. Zwei Kinder. Eine Frau. Sie heißt Hanna. Und sie ist mein Rückhalt.

Und Lina… sie ist jetzt meine Halbschwester. Ja, mein Vater und Katharina haben geheiratet. Und ich wurde ihr großer Bruder und wohl ihr treuester Freund. Jedes Mal, wenn ich sie ansehe, weiß ich – sie hat mich gerettet. Nicht mein Vater, nicht das Leben, nicht die Umstände – sie. Ein kleines Mädchen mit einer Schaufel in der Hand.

So kann eine einzige Begegnung alles verändern. Und das Wichtigste – es ist nie zu spät, neu anzufangen. Selbst mit zwanzig. Selbst wenn man ein Niemand war. Man muss nur jemanden treffen, der einem zeigt, wie das Leben geht.

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