Der Traum von Familie und Sicherheit – seine Kritik an meiner Sehnsucht

„Ein Kind und Stabilität möchte ich, aber er nennt mich eine ‚langweilige Tante‘

Mit Anton bin ich nun seit fünf Jahren zusammen. Wir haben uns zufällig kennengelernt – er nahm mich per Anhalter mit, als ich am Straßenrand stand. Seitdem waren wir kaum getrennt. Uns verband die gemeinsame Sehnsucht nach Freiheit, die Leidenschaft für das Reisen und die Romantik ungeplanter Abenteuer. Rucksäcke, Trampen, endlose Autobahnen – das war unser Leben, unsere Leidenschaft. Doch wie sich herausstellte, kann Leidenschaft mit den Jahren erlöschen. Zumindest bei einem von uns.

Früher lebte ich nur für den Moment. Dachte nicht an Zukunft, Pläne oder Ersparnisse. Hauptsache Abenteuer, Adrenalin, Musik und die offene Straße. Doch jetzt… jetzt fühle ich mich müde von diesem chaotischen Leben. Meine Wünsche haben sich geändert. Ich sehne mich nach Ruhe, Familie, einem Kind. Ich will morgens nicht in fremden Zelten oder billigen Hostels aufwachen, sondern in meinem eigenen Bett neben dem Menschen, den ich liebe. Ich bin erwachsen geworden.

Unsere alten Freunde, mit denen wir früher durchs Land zogen, haben sich längst niedergelassen. Manche heirateten, andere bekamen Kinder, wieder andere haben Hypotheken und Wochenendhäuser. Sie tauschten Rucksäcke gegen Kinderwagen, Autobahnen gegen Spielplätze. Und wir? Immer noch unterwegs, ohne klaren Plan, ohne zu wissen, wohin wir eigentlich gehen oder wann wir anhalten.

Bei mir hat sich viel verändert. Ich habe meinen Master abgeschlossen, einen Job in meinem Fachgebiet gefunden, und vor Kurzem wurde ich sogar befördert – mit besserem Gehalt. Endlich spüre ich Sinn, Stabilität und Perspektive in meinem Leben.

Ich kann nicht mehr einfach spontan losfahren. Ich habe Verpflichtungen, Urlaub muss geplant werden, der Chef erwartet Berichte. Und wie soll ich erklären, warum ich sonntags nicht erreichbar war? Weil uns ein Fernfahrer mitnahm und wir den ganzen Tag durch abgelegene Gegenden ohne Empfang fuhren?

Ich beschwere mich nicht. Ich bin dankbar für meinen Job. Er fordert, aber er gibt auch etwas zurück – ein gutes Gehalt und Sicherheit. Das will ich nicht aufgeben. Doch Anton… Anton ist sauer. Er sagt, ich sei langweilig geworden, eine „Tante mit Terminkalender und Notizbuch“. Ihm fehlt das wilde Mädchen, das er einst traf. Er mag es nicht, dass ich „systemkonform“ bin. Er droht sogar: Entweder ich oder der Job.

Im Juli unternahmen wir eine große Reise – bis fast nach Prag, zu einem krassen Musikfestival. Ich hatte nicht mit solch einer Atmosphäre gerechnet! Die Musik, die Menschen – einfach irre! Wir blieben zwei Tage länger, und dann musste ich allein zurück – mit dem Zug, über Umwege, weil die Arbeit nicht wartet.

Anton war beleidigt. Doch er ist sein eigener Herr – arbeitet remote, schleppt seinen Laptop mit und kann sein, wo er will. Doch diese Freiheit hat ihren Preis: Er verdient weniger als ich und unregelmäßig. Wenn ihn das frustriert, sucht er Streit und zieht demonstrisch davon.

Vor einer Woche packte er seinen Rucksack und flog in die Türkei. In Izmir lebt ein alter Schulfreund. Er rief erst an der Grenze an – nicht einmal richtig verabschiedet.

Es tat weh. Ich war wütend, doch ich schwieg. Jetzt warte ich einfach, bis er zurückkommt. Ich will keinen Streit, ich will reden. Ihn fragen: Wie lange noch leben wir so? Ohne Pläne, ohne Halt, ohne Ziel. Ich will nicht mehr ewig dem Wind hinterherjagen.

Ich schreibe nicht, um mich auszuheulen. Ich schreibe, weil ich hoffe, seine Mutter liest diese Geschichte. Sie ist eine kluge, wenn auch strenge Frau. Sie sagt oft, nur ich könne Anton beeinflussen, ihn zur Vernunft bringen. Sie flehte mich an: „Bleib du stehen, und er bleibt bei dir.“ Sie hat Angst, mit wem wir unterwegs sind, wo wir schlafen, in welche Schwierigkeiten wir geraten. Und sie wünscht sich sehnlichst ein Enkelkind…

Weißt du was? Ich gebe ihr recht. Nur in einem irrt sie sich: Ich kann ihren Sohn nicht ändern. Das schaffe ich nicht, wenn er selbst nicht will.

Und ein Kind… Ja, ich will auch eins. Doch nicht aus Zwang oder Trotz. Nur dann, wenn auch er bereit ist. Wenn er versteht, dass Glück nicht auf der Straße liegt. Glück ist daheim, in Liebe und der Gewissheit, dass morgen wir beide noch zusammen sind.“

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Solange es keine Entschuldigung gibt, bleibt der Enkel fern!