Er verhält sich schrecklich, begibt sich auf einen fehlgeleiteten Weg, aber ich kann ihn einfach nicht verlassen!

**Tagebucheintrag:**

Er benimmt sich abscheulich, lässt seine kleinstädtischen Komplexe an mir aus, aber ich kann ihn einfach nicht verlassen!
Als meine Ehe zerbrach, fühlte ich mich, als würde der Boden unter mir weggezogen. Die Scheidung von meinem Mann war für mich eine absolute Katastrophe – ich dachte, ich würde mich nie wieder aus dieser Dunkelheit befreien können.

Einzig meine Arbeit rettete mich vor dem bodenlosen Abgrund der Depression. Ich klammerte mich daran wie an einen Rettungsring. Meine Eltern, Freunde, Kollegen – alle streckten mir eine helfende Hand entgegen, obwohl Mama und Papa wohl noch mehr litten als ich, als sie meinen Schmerz sahen. Nach ein, zwei Jahren fand ich langsam wieder zurück ins Leben, Schritt für Schritt, bis ich wieder die Frau war, die ich vor diesem ganzen Albtraum gewesen war.

Und dann stürmte Stefan in mein Leben. Wegen ihm habe ich alle verloren, die mir etwas bedeuteten, und jetzt stehe ich am Scheideweg und weiß nicht, wie ich diesem Albtraum entkommen soll. Ich war nicht blind vor Liebe – nein, so war es nicht. Aber ich mochte seine Gesellschaft: Wir spazierten an der Elbpromenade in unserem kleinen Städtchen entlang, er wirkte so unkompliziert und offen. Es war schön, ihn zu mir einzuladen – er reparierte den Wasserhahn, schraubte an meinem alten Golf herum, von dem ich keine Ahnung habe, während ich Abendbrot machte und wir über Gott und die Welt plauderten.

Vielleicht sind das nur Ausreden, aber allmählich ließ ich Stefan in mein Leben. Er zog zu mir in meine Dresdner Wohnung, und von da an ging es bergab. Es machte mich wahnsinnig, dass er ständig ohne Job war – mal wurde er gekündigt, mal kündigte er selbst und beschwerte sich über den Chef. Seine durchgeknallten, angetrunkenen Kumpels zogen ihn in die Kneipen, und er zahlte ihre Drinks, obwohl er selbst kaum über die Runden kam.

Ein unerträgliches Leben mit ihm
Stefan schleppte verdächtige Typen an – ohne Vorwarnung, ohne zu fragen, ob ich sie sehen wollte. Es war ihm egal, ob ich nach der Schicht erschöpft war, ob ich Lust hatte, für eine Horde zu kochen oder wenigstens Tee zu machen. Wegen dieser „Gäste“ blieben meine echten Freunde – die, die in den dunkelsten Zeiten zu mir hielten – einer nach dem anderen weg. Und wenn doch mal jemand vorbeikam, benahm Stefan sich wie der letzte Proll. Selbst allein schaffte er es, alles zu ruinieren: Er wurde grob, machte bissige Kommentare, ließ seine Frustration an mir aus.

Er jammerte ständig, dass ihm das Leben übel mitgespielt hatte: geboren in einem Kaff bei Magdeburg, abgebrochene Ausbildung, nie etwas erreicht. Und alles ließ er an mir aus – starrte mich an, als schuldete ich ihm etwas, bettelte um Geld für Zigaretten, obwohl er keinen Cent verdiente. Alle sagten einstimmig: „Hanne, er benutzt dich, wirf ihn raus!“ Doch ich beharrte darauf, dass sie unrecht hätten. Obwohl ich insgeheim wusste: Sie hatten recht. Aber das zuzugeben, tat zu weh.

Und seltsamerweise denke ich manchmal, dass ich ihn benutze. Ja, er ist unerträglich, aber ohne ihn habe ich Angst, allein zu sein. Mit 43 hat man nicht die große Auswahl – wer interessiert sich schon für eine geschiedene Frau mit kaputtem Herzen? Ich will nicht wie ein einsamer Vogel leben, in der Stille der leeren Wohnung verkümmern. Also ertrage ich. Seine Launen, sein ewiges Gejammer, seinen Biergeruch. Immerhin, wenn er betrunken ist, randaliert er nicht – er pennt auf dem Sofa ein, und ich habe wenigstens eine Pause von ihm.

Warum gehe ich nicht?
Jeden Tag frage ich mich: Was hält mich bei ihm? Liebe? Nein, die gibt es längst nicht mehr, wenn sie je da war. Angst? Ja, vermutlich. Angst vor der Einsamkeit, Angst, dass niemand mehr an meine Tür klopft. Stefan ist wie ein schwerer Stein um meinen Hals, und trotzdem fühlt sich dieser Stein irgendwie wie Rettung an. Ich sehe, wie er seine Minderwertigkeitskomplexe auslebt: Mal brüllt er, alle würden sich sowieso für etwas Besseres halten, mal mault er, ich sei ihm zu städtisch. Und ich schweige. Schweige und koche ihm Suppe, während ich innerlich vor Wut und Verzweiflung koche.

Meine Eltern rufen kaum noch an – sie haben es satt, immer dasselbe zu sagen. Meine Freunde sind verschwunden, als hätte es sie nie gegeben. Übrig bin nur noch ich – und er. Manchmal schaue ich ihn an, wie er im Sessel schläft, und denke: „Hanne, ist das wirklich alles, was du verdienst?“ Aber dann verjage ich diese Gedanken. Immerhin schlägt er mich nicht, brüllt nachts nicht rum – es könnte schlimmer sein, oder?

Sag mal, würdest du an meiner Stelle allein bleiben? Könntest du in meinem Alter noch mal von vorn anfangen? Ich weiß es nicht. Vorerst lebe ich einfach weiter, wie ich kann – mit ihm, mit seiner kleinstädtischen Wut und meiner stillen Verzweiflung. Vielleicht finde ich eines Tages die Kraft zu gehen. Oder vielleicht bleibe ich – Gefangene meiner Ängste und seines widerlichen Charakters. Die Zeit wird es zeigen.

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