Die erfundene Liebe zerstörte mein Leben. Nun weiß ich nicht mehr, wie ich weiterleben soll.
Alles ging schief…
Manchmal schließe ich die Augen und kehre gedanklich in die Zeit zurück, als ich noch in München zur Schule ging. Ich zählte die Tage bis zum Abitur und träumte davon, nach Berlin zu ziehen – nicht ohne Grund, sondern zu meinem geliebten Lukas, der vor mir ein Medizinstudium an der Humboldt-Universität begann. Wir waren seit der Schulzeit zusammen. Alles schien so hell, echt und ewig.
Als auch ich meine Prüfungen bestand und in der Hauptstadt studierte, zogen wir sofort zusammen. Unsere kleine Mietwohnung wurde ein Zuhause. Wir kochten gemeinsam, lernten für Klausuren, sparten jeden Euro und schliefen eng umschlungen ein. Oft gingen wir hungrig ins Bett, weil das Geld knapp war. Doch mir genügte eines – seine Nähe. Ich fühlte, dass es wahre Liebe war. Und er flüsterte mir vor dem Einschlafen zu, ich sei sein Ein und Alles, seine Bestimmung.
Mit der Zeit wurde alles fester, ernster. Wir sprachen über die Zukunft, über Hochzeit, über Kinder. Heimlich betrachtete ich Hochzeitskleider und träumte von unserem großen Tag – weiße Blumen, ein seidener Schleier, unsere Eltern, Freudentränen. Beide Familien waren überzeugt, wir würden direkt nach dem Abschluss heiraten – nach vier Jahren hielten sie uns schon für untrennbar.
Doch dann brach alles zusammen.
An einem Wochenende, als Lukas für eine Prüfung lernte und keine Zeit hatte, lud mich meine Kommilitonin Sabine zu ihrem Onkel Maximilian auf ein Landhaus bei Nürnberg ein. Sein Geburtstag stand an – er wurde 37. Sie hatte viel von ihm erzählt: der beliebte Onkel, ein erfolgreicher Geschäftsmann, lebte in der Schweiz, brachte immer Geschenke mit. Ich sagte zu – dachte, es würde ein kurzer Ausflug werden. Doch es war der Anfang vom Ende meines alten Lebens.
Maximilian war bezaubernd. Intelligent, charismatisch, selbstbewusst. Seine Geschichten klangen wie aus einem Film. Ich hing an seinen Lippen, an jedem Blick. Und als er fragte, ob ich einen Freund hätte, log ich – warum, weiß ich nicht. Ich sagte, ich hätte mich kürzlich getrennt, es sei kompliziert. Seine Augen leuchteten. So begann unsere Affäre. Ich dachte, es sei ein sommerliches Abenteuer. Doch ich verlor mich so sehr, dass ich den Verstand verlor. Ich fühlte, wie ich mich in diesen Mann verliebte – erfahren, rätselhaft, weltgewandt. Er bot mir an, mit ihm nach Zürich zu gehen. Und ich… sagte ja. Alles schien wie ein Märchen. Ich sprach nicht einmal mit Lukas. Während er in der Vorrichtung saß, packte ich meine Sachen und hinterließ nur einen Zettel: *„Es tut mir leid. Es ist vorbei. Wir gehen jetzt getrennte Wege.“*
In der Schweiz brach ich mein Studium ab, gab alles auf. Ich arbeitete als Kindermädchen, nahm Nebenjobs an – nur um bei Maximilian zu sein. Er verlangte Perfektion: pünktliches Frühstück, sein Lieblingsessen abends. Wenn ich ein schlichtes Kleid trug, verzieht er das Gesicht. Nahm ich zu oder ab, wurde er wütend. Und wenn er wütend war, verwandelte er sich. Er schrie, beschimpfte mich, schloss mich einmal sogar ein und ließ mich nicht raus, bis ich wieder in *seinem* Lieblingskleid steckte. Ich schwieg. Scham und Angst lähmten mich. Doch nach jedem Sturm kam die Ruhe – dann war er zärtlich, fürsorglich. Ich glaubte, das sei Liebe. Heute weiß ich: es war Abhängigkeit. Schwäche. Krankheit.
Mit 40 wollte er ein Kind. Einen Jungen. Versprach, wenn es ein *Friedrich* würde – nach seinem Großvater –, wäre er der glücklichste Mann. Doch ich wurde nicht schwanger. Fast zwei Jahre vergingen. Als ich vorschlug, einen Arzt aufzusuchen, raste er aus. Am nächsten Tag packte er meine Sachen, warf mich hinaus und sagte, ich solle für immer verschwinden.
Tränen, Angst, Einsamkeit – alles stürzte auf mich ein. Ich kehrte nach Deutschland zurück. Arbeitete als Verkäuferin, pflegte meine Mutter – sie hatte einen Schlaganfall erlitten. Und dachte, schlimmer könnte es nicht werden. Doch eines Tages überfielen mich solche Schmerzen, dass ich den Notarzt rufen musste. Der Arzt gab mir eine Spritze, bestand aber auf weitere Untersuchungen. Als ich kam, erstarrte ich. Der Arzt war… Lukas.
Er ließ sich nichts anmerken. Alles war sachlich: Untersuchung, Tests, Ultraschall. Höflich, professionell. Dann sagte er knapp, die Schmerzen könnten gynäkologisch bedingt sein. Eine Woche später kam ich zurück. Er erwähnte die Vergangenheit nicht, doch beiläufig sagte er: *„Ich habe eine Frau, sie ist auch Ärztin hier, und eine Tochter – vier Jahre alt.“* Ein Stich traf mich – nicht Eifersucht, sondern Reue. Dann ein Impuls: ich versuchte, ihn zu küssen. Er wich sanft zurück: *„Wir sind nichts mehr. Ich bin dein Arzt. Vergiss das nicht.“*
So riss der letzte Faden zu meiner Vergangenheit. Doch das Schlimmste kam noch. Er bestätigte, dass ich unfruchtbar bin. Was Maximilian und ich nie ahnten, war nun Gewissheit. Ich würde nie Kinder bekommen. Niemals.
Ich verlor alles: Liebe, Zukunft, Gesundheit, Träume. Dabei wollte ich doch nur eine schöne Hochzeit, ein Zuhause, eine Familie. Jetzt bleibt mir nur die Hoffnung, dass das Schicksal mir noch etwas Gutes bereithält. Dass mein Leben nicht vorbei ist. Dass ich noch lernen kann, wenigstens ein bisschen glücklich zu sein.