**23. November 2023**
Ich heiße Sabine, bin zweiunddreißig Jahre alt und habe mich immer für eine vernünftige Frau gehalten. Ich habe meinen Mann nie mit Fragen gelöchert, ihm vertraut – wie mir selbst. Ein Fehler. Eines Tages schlug mir dieses Vertrauen so heftig ins Gesicht, dass ich mich heute noch frage: Wie konnte ich das Offensichtliche übersehen?
Mein Mann, Markus, verkündete eines Abends, dass er in ein paar Tagen auf Dienstreise müsse. „Nur zwei, drei Tage“, meinte er, ohne Details. Danach, sagte er, wolle er seine Mutter besuchen – sie wohnt vierzig Minuten entfernt in einem Nachbarort. Normalerweise fuhren wir zusammen zu ihr. Diesmal lehnte er ab.
„Wozu sollst du dich quälen? Ich bin schnell wieder da. Kein Umweg nötig“, winkte er ab.
Ich wurde stutzig. Warum nahm er mich diesmal nicht mit? Sonst packte ich als Erste meinen Koffer. Aber ich bohrte nicht nach. Vielleicht hatte er wirklich viel um die Ohren, war müde, wollte keine Diskussion. Ich dachte: Na gut, dann verbringe ich Zeit mit den Mädels.
Am nächsten Tag, während Markus „auf Dienstreise“ war, plauderte ich erst mit meiner Mutter, dann mit meiner Freundin Claudia. Sie hatte Neuigkeiten: Simone, eine gemeinsame Bekannte, feierte morgen Geburtstag. Nur seltsam – wir waren nicht eingeladen.
„Lass uns eine Überraschung machen!“, schlug Claudia vor. „Wir kommen mittags, stellen alles auf, und abends öffnet sie die Tür – Zack, Party!“
Die Idee gefiel mir. Zumal Simone direkt im Nachbarhaus wohnte, nur eine Treppe entfernt. Ihre Schwester, mit der wir unter einer Decke steckten, gab uns den Schlüssel. Wir kauften Essen, Luftballons, eine Torte – alles, was dazugehört.
Wir betraten die Wohnung. Simone, so wussten wir, war auf Arbeit. Doch dann sah ich es: An der Garderobe hing eine Männerjacke. Nicht irgendeine. Genau dieselbe wie die von Markus. Ich kannte jede Naht – ich hatte sie ihm gekauft. Meine Hand zuckte, um in die Taschen zu greifen. Doch ich hielt mich zurück. Vielleicht war es ihr Bruder. Oder ein anderer.
Wir fingen an vorzubereiten. Gelächter, Vorfreude, der Gedanke an Simons Gesicht. Die Jacke vergaß ich fast. Bis der Schlüssel in der Tür knirschte…
Zuerst Stille. Dann stolperten Markus und Simone ins Zimmer. Küssend. Lachend. Verliebt.
Sie erstarrten, als sie uns sahen.
Ich stand da, das Messer noch in der Hand. Claudia mit dem Löffel im Salat. Simone erbleichte, als sähe sie einen Geist.
„Na so was … Das nenne ich mal eine Überraschung“, brachte ich leise heraus, Blick auf Markus gerichtet.
Er stammelte:
„Das ist nicht, was du denkst … Sabine, warte …“
Simone kam als Erste zu sich und kreischte:
„Wie kommt ihr hier rein?! Das ist Hausfriedensbruch!“
Ich musste lachen. Hausfriedensbruch? In mein eigenes Leben?
„Ach was. Die, die hier nichts zu suchen haben, seid ihr“, zischte ich. „Du bist doch auf Dienstreise, Markus, oder? Im nächsten Hausflur?“
Ich ging als Erste. Claudia blieb, um das Essen einzupacken. In ihren Augen stand Schuld – sie dachte, ihre Idee hätte alles ruiniert. Doch ich sah es anders.
Nicht Claudia war schuld. Nicht ich. Nicht die Überraschung. Sondern er. Mein Mann, der dachte, eine „Dienstreise“ könnte zwei Minuten von zuhause sein. Dass man Betrug mit Ausreden zudeckt. Dass eine Frau wie Möbel ist – immer da, aber nicht wertvoll genug.
Ich weinte nicht. Mir war nur noch übel. Simone, mit der ich zehn Jahre lang befreundet war, saß in meiner Küche, trank meinen Tee und redete über Serien. Und jetzt war sie das „zweite Leben“ meines Mannes.
Eine Woche später zog Markus zu ihr. Doch lange hielt es nicht – nach einem Monat warf sie ihn raus. Angeblich, weil er plötzlich mit Ausreden von „Arbeit“ bei anderen Frauen auftauchte. Dienstreisen – seine neue Ausrede für alles.
Jetzt lebt er allein. Manchmal kommt er auf einen Kaffee vorbei. Sagt, er vermisst mich. Ich lasse ihn rein – aber nur, um ihm zu zeigen, dass es mir gut geht. Ich bin frei. Und ich muss meinen Wert nicht denen beweisen, die Lüge und Verrat wählen.
Mit Simone spreche ich nicht mehr. Soll sie in ihrem Treppenhaus sitzen und glauben, sie hätte gewonnen. Mein Glück finde ich noch.
*Fazit: Manchmal zeigt eine Lüge nicht nur den Bruch, sondern auch, wer echtes Vertrauen verdient.*