«Nach solcher Erniedrigung soll ich still lächeln? Nein danke – feiert ohne mich!»

**5. November 2023**

Heute wurde ich wach, bevor die Sonne aufging. Durch die geschlossenen Lider drang die Erkenntnis: Mein vierzigster Geburtstag. Eine Zahl, die mir früher so fern erschien, blickt mir jetzt jeden Morgen aus dem Spiegel entgegen – in den kleinen Falten, den müden Augen, dem ewigen Rennen zwischen Haushalt und den Bedürfnissen anderer.

Der Mann neben mir, Markus, schnarchte leise. Er rührte sich nicht, als ich mich unter der Decke hervorstahl. In den letzten Jahren schlief er tiefer… und interessierte sich immer weniger für mich. Ein Blick auf die Uhr: 5:30 Uhr. Der Tag, auf den ich weder Kraft noch Illusionen hatte. Ein Tag, der etwas Besonderes sein sollte, doch nur eine weitere Prüfung wurde.

In der Küche war es still. Gestern hatte ich bis spät gekocht – Fleisch mariniert, Gemüse geschnitten, Teig angesetzt. Alles für eine Feier daheim: gemütlich, ehrlich, im Kreise der Liebsten. Doch mit jedem Jahr schienen sie mir ferner.

„Mama, hast du zwanzig Euro?“, fragte Lukas, mein sechzehnjähriger Sohn, als er fertig angezogen in der Tür stand.

„Wohin willst du?“, fragte ich und drückte ihm das Geld in die Hand.

„Mit den Jungs Radfahren. Ich komme abends pünktlich zu den Gästen.“

„Kannst du nicht helfen?“

„Du weißt doch eh besser, wie alles geht…“, murmelte er und verschwand. Ich widersprach nicht. Wozu? Weshalb?

Um neun Uhr morgens glich die Küche einem Schlachtfeld. Fleisch im Ofen, Kuchen im Rohr, Töpfe kochten. Markus erschien in T-Shirt und Jogginghose, gähnte und schenkte sich Kaffee ein.

„Alles Gute, Heike“, nickte er, küsste mich flüchtig auf die Wange und vertiefte sich wieder ins Handy. „Heute frei. Endlich mal entspannen.“

„Kannst du mir helfen?“

„Klar. Gleich, ich lese nur noch die Nachrichten.“

Er las drei Stunden lang. Dann verlagerte er sich zum Fernseher – der Fußball verschlang ihn vollkommen. Ich, mit aufgesetzter Freundlichkeit, rührte, briet, dekorierte und redete mir ein, dass heute alles perfekt sein müsse.

Um drei kam meine Schwester Petra. Sie umarmte mich und überreichte einen Nelkenstrauß.

„Wo ist dein Kleid? Dein Make-up? Die Feierlaune?“

„Alles steht auf dem Herd“, antwortete ich müde.

Als sie Markus auf dem Sofa liegen sah, marschierte Petra energisch ins Wohnzimmer. Eine Minute später tauchte er mürrisch in der Küche auf.

„Wie kann ich helfen?“

„Deck den Tisch.“

Er murrte, ließ sich ablenken, aber unter Petras Aufsicht erledigte er wenigstens etwas. Gegen fünf war fast alles fertig. Ich zog ein schlichtes Kleid an, trug etwas Make-up auf – für mehr fehlte Lust und Energie.

Die Gäste kamen gegen sechs. Eltern, Kollegen, Freunde. Lukas brachte eine Karte, Sophie brachte den Kuchen. Markus war plötzlich wie ausgewechselt: scherzte laut, schenkte Wein ein, legte mir demonstrativ den Arm um die Schulter. Und ich lächelte – wie eine Puppe, mit schmerzendem Rücken und leerer Seele.

„Heike, pass mit den Salaten auf“, flüsterte Markus. „Du hast in letzter Zeit…“

Er sprach es nicht aus, aber sein Blick sagte genug. Dann, für alle hörbar:

„Das Fleisch ist etwas trocken. Letztes Mal war es besser.“

Ich schluckte. Schwieg. Kochte innerlich.

Als er sein Glas hob und erklärte:
„Vierzig Jahre – ein ernstes Alter. Heike hat sich gut gehalten… obwohl sie sich ruhig mehr Mühe geben könnte“, stand ich auf.

„Danke. Mehr hab ich hier nicht zu suchen.“

Ich ging. Die Gäste verstummten. Petra wollte mir nachlaufen, doch ich war schon im Schlafzimmer.

Vor dem Spiegel stand eine Frau, erschöpft, mit erloschenem Blick. Doch unter dieser Hülle regte sich etwas anderes – Entschlossenheit. Ich zog das triste Kleid aus, holte das neue, blaue hervor. Machte mein Gesicht, legte die Haare, setzte die Ohrringe auf, die Markus mir einst geschenkt hatte – damals, als er mich noch liebte.

Ich rief meine Freundin an.

„Karin? Hast du heute Abend Zeit? Ich fahre ins ,Grüne Tal‘. Ich feiere, wie ich es will.“

Als ich herausgelaufen kam – schön, elegant, selbstbewusst – blieben die Gäste stumm.

„Jetzt bist du eine wahre Schönheit!“, rief Markus. „Komm, setz dich, die Feier geht weiter.“

Ich lächelte.

„Nein, Markus. Die Feier geht ohne mich weiter. Ich gehe. Von euch. Von all dem.“

Er erstarrte. Lacht nervös:

„Jetzt nimmst du mir das doch nicht etwa übel? Das war doch nur Spaß!“

„Spaß? Weißt du, ich bin müde, die Heldin in deinen Witzen zu sein. Sechzehn Jahre lang war es ,nicht böse gemeint‘. Aber ich will das nicht mehr. Heute feiere ich MEINEN Tag. Zum ersten Mal.“

Und ich ging. Die Tür schlug hinter mir zu.

Draußen war es frisch. Das Taxi wartete. Karin winkte aus dem Fenster.

Ich drehte mich nicht um. Vor mir lag ein Abend. Nur meiner. Und vielleicht ein neues Leben.

**Heutige Lektion:** Manchmal ist der mutigste Schritt, nicht mehr zu warten, bis andere dich respektieren – sondern es selbst zu tun.

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