Verrat im Herzen
In dem beschaulichen Städtchen Freiburg, wo das Leben seinen gemächlichen Lauf nahm und Klatsch schneller verbreitet wurde als der Wind, hielt ich mich, Elisabeth, für eine mustergültige Ehefrau. Meinen Mann, Stefan, liebte ich bedingungslos und vertraute ihm wie mir selbst. Nie suchte ich nach fremden Haaren auf seinem Jackett, durchstöberte sein Telefon oder quälte ihn mit Verdächtigungen. Bis zu jenem verhängnisvollen Tag, der alles auf den Kopf stellte.
Am Morgen begab ich mich zur örtlichen Sparkasse, um eine neue Karte zu beantragen. Ich nahm eine Nummer und setzte mich auf das abgenutzte Sofa im Wartebereich. Neben mir unterhielten sich zwei Frauen um die Vierzig lebhaft. Ihre Stimmen, voller Emotionen, hallten durch den Raum, und widerwillig wurde ich zur unfreiwilligen Zuhörerin. Eine von ihnen, mit zitternder Stimme, erzählte, wie sie ihren Mann beim Fremdgehen ertappt hatte. Die andere nickte zustimmend, doch in ihrem Ton schwang Häme mit, als dachte sie: »Geschieht dir recht!«
Die Geschichte war schaurig. Der betrügerische Ehemann war seltsam nach Hause gekommen: seine Augen glühten fiebrig, sein Hemd fehlte ein Knopf, als hätte ihn leidenschaftliche Eile dazu getrieben. Während er duschte, durchsuchte die Frau, von Argwohn gequält, sein Telefon. Dort fand sie Nachrichten und Anrufe von einer Geliebten. Der Mann leugnete nicht und gestand ohne Umschweife: »Ja, ich liebe eine andere, dich bedaure ich nur.« »Zehn Jahre meines Lebens habe ich ihm geschenkt!«, jammerte die Frau, und ihre Stimme brach vor Schmerz.
Als meine Nummer aufleuchtete, eilte ich zum Schalter, doch das Gespräch der Fremden blieb wie ein Splitter in meinem Kopf stecken. Ich selbst war gerade vierzig geworden, und in einem Monat sollten Stefan und ich unser elftes Hochzeitsjahr feiern. Den ganzen Tag grübelte ich über das Gehörte, und am Abend keimte in meiner Seele Unruhe, in meinem Kopf wucherten düstere Gedanken. Ich war bereit für die Schlacht.
Stefan kam spät nach Hause, sein Gesicht war müde, seine Augen stumpf. »Erschöpft«, murmelte er und verschwand unter die Dusche. Ich erstarrte, als ich sein Telefon auf dem Nachttisch liegen sah. Noch nie hatte ich mich zu so etwas hinreißen lassen, doch die Worte der Frau aus der Bank hallten in meinem Kopf. Meine Hände zitterten, mein Herz raste, Scham kämpfte mit Neugier – doch ich gab nach. Ich griff nach dem Telefon und begann, die Nachrichten zu durchsuchen.
Und da traf es mich wie ein Schlag ins Herz. Dutzende Nachrichten von einer gewissen »Kaiserin«. Diese Unverschämte schrieb Stefan öfter, als die Bank Kontoauszüge verschickte. Ich wagte nicht, die Texte zu lesen – die Wahrheit hätte mich zermalmt. Ich wechselte zu den Anrufen: Die »Kaiserin« rief ihn an, er sie. Meine Welt brach zusammen. Das Licht erlosch vor meinen Augen, meine Brust wurde eng, als hätte mir jemand das Herz herausgerissen und auf den Boden geworfen. Übelkeit stieg in mir auf. »Zehn Jahre… Wie konnte er?«, hämmerte es in meinen Schläfen. Sollte ich mich betrinken?
Vorsichtig, als hielte ich eine Giftschlange, legte ich das Telefon zurück. In der Tür erschien Stefan – in einem Handtuch, mit nassen Haaren, ahnungslos über den Sturm in meiner Seele. Er sah mein Gesicht und verstand sofort – so viele Jahre zusammen lassen Spuren. Schweigend nickte er, als fragte er: »Was ist passiert?«
Ich platzte heraus, kaum in der Lage, die Tränen zurückzuhalten:
»Wer ist diese ›Kaiserin‹, und warum wohnt sie in deinem Telefon?«
Stefan erstarrte, als sähe er ein Gespenst. Eine Pause hing in der Luft, schwer wie vor einem Gewitter. Schließlich seufzte er:
»Das ist alles?«
»Das hatte ich nicht von dir erwartet«, presste ich hervor, und meine Stimme bebte vor Verletzung. »Zehn Jahre… Ich dachte, wir sind glücklich!«
Meine Schläfen pochten, mein Herz zersprang. Stefan ging wortlos zum Schrank, nahm sein Telefon und wählte eine Nummer. Ich kniff die Augen zu, überzeugt, er würde sie anrufen, um zu verkünden: »Wir sind enttarnt.« Doch plötzlich klingelte mein eigenes Telefon. Ich öffnete die Augen. Stefan führte sein Gerät an mein Gesicht, und ich sah auf dem Display: »Kaiserin«. Doch unser Nachname war ein anderer!
Er betrachtete mich mit einem sanften Lächeln, geduldig wie ein Lehrer einen unbedarften Schüler. Da durchzuckte es mich. Ich erinnerte mich, wie Stefan mich in den ersten Ehejahren seine »Kaiserin Lisi« nannte. Mein Name ist Elisabeth, und er liebte es, mich scherzhaft in den königlichen Stand zu erheben. Wie konnte ich das vergessen?
Scham überflutete mich, meine Wangen brannten. Stefan, immer noch lächelnd, sagte:
»Lisi, du bist meine einzige Kaiserin. Immer warst du es, immer wirst du es sein.«
Ich fiel ihm in die Arme, lachte und weinte zugleich. Der Schmerz verflog, nur die Wärme seiner Hände und Erleichterung blieben. Doch tief in mir wusste ich: Dieser Tag würde mich nie mehr loslassen.