Also gut, ich erzähl dir mal die Geschichte in unserer deutschen Version…
„Ich bin doch nicht dein Kindermädchen, Hannah. Ich arbeite, ich bin müde.“
„Und ich etwa nicht? Kann ich nicht mal einfach… zum Friseur?“
Dieser Dialog spielte sich bei Hannah und Tobias öfter ab als das Klingeln an der Haustür. Er war Bauunternehmer, erfolgreich, mit Geld und fester Stimme. Sie — Ehefrau, Mutter, das Rückgrat der Familie. Schweigend schleppte sie den Haushalt, das Kind, sich selbst. Ihre Freundinnen verstanden sie nicht. Besonders nicht Lena, ihre engste seit Kindertagen.
„Hannah, er ist kein Partner. Er ist ein Tyrann. Hätt ich so einen, wär ich nach nem Monat weg!“
„Er ist gut!“, beteuerte Hannah jedes Mal, und jedes Mal spürte sie, wie dieses „gut“ immer brüchiger klang.
Eltern hatten sie nicht in der Nähe. Hannahs Mutter war vor acht Jahren an Krebs gestorben, den Vater kannte sie kaum — er war gegangen, als sie drei war. Tobias’ Eltern lebten seit Jahren in Spanien und hatten selbst mit ihren „knapp über Sechzig“ keine Eile, für den Enkel zurückzukehren.
Als Hannah nach dem Tod ihrer Mutter allein dastand, war Tobias einfach da. Die Freundinnen hatten keine Zeit: eine wegen Fieber, die andere wegen Arbeit. Tobias blieb, bot seine Schulter an. Damals reichte ihr das, um ihm zu vertrauen.
Drei Jahre später heirateten sie. Noch mal drei Jahre, und Finn kam zur Welt. Da begriff Hannah: Zu Hause war Tobias kein Helfer. „Ich bin kein Kindermädchen“, sagte er, und das wurde zum Mantra.
Sie versuchte, ihr altes Leben zurückzuholen — Treffen, Spaziergänge, Kaffee mit Freundinnen. Aber Finn im Kinderwagen nervte alle. Die einen wollten nichts von Windeln hören, die anderen taten so, als müssten sie dringend weg. Nur Lena kam. Bis sie eines Tages fragte:
„Kannst du dir echt keine Nanny leisten?“
Hannah wusste nicht, was sie sagen sollte. Theoretisch ja, aber Tobias hätte bestimmt gesagt: „Komm allein klar.“ Also kam sie allein klar. Aus Gewohnheit. Aus Liebe. Aus Pflichtgefühl.
Als Hannah von der zweiten Schwangerschaft erfuhr, zog sich alles in ihr zusammen — vor Angst. Nicht um sich selbst, sondern um die Familie. Wie würde er das schaffen? Und wenn ihr etwas passierte?
„Super! Finn kriegt ’ne Schwester!“, freute sich Tobias.
Finn kam in den Kindergarten — „damit er dich nicht anstrengt“, sagte ihr Mann. Doch zu Hause blieb alles an Hannah hängen: kochen, putzen, waschen. Nicht mal den Gedanken, um Hilfe zu bitten, erlaubte sie sich.
Die Freundinnen luden sie ein. Einmal ging sie hin. Aber als sie Wein ablehnte, spottete Greta:
„Erst mit Kinderwagen, jetzt wieder schwanger. Was ist das für ein Leben?“
Hannah antwortete nicht. Nur innerlich zuckte sie: Ja, nicht wie bei anderen. Aber ihres. Und sie liebte es.
Die Schwangerschaft verlief normal. Bis die Wehen einsetzten. Mitten in der Nacht fuhr sie ins Krankenhaus.
„Morgens bring ich Finn in den Kindergarten und komm zu dir!“, versprach Tobias.
Doch die Geburt stockte. Stunde um Stunde, Schmerz, Angst. Die Ärzte warteten, wollten nicht eingreifen. Bis es dann doch hieß: Not-OP.
Ein Mädchen. Gesund, winzig. Aber Hannah ging es schlechter. Das Fieber stieg. Untersuchungen zeigten nichts. Nach drei Tagen wurde die Tochter entlassen — Tobias nahm sie mit. Hannah blieb allein zurück. Mit fast vierzig Grad Fieber, Panik im Bauch. Wie schafft er das? Wie geht es ihr? Was, wenn sie stirbt?
Professor Bauer wurde gerufen. Er zögerte nicht.
„CT. Sofort.“
Versteckte Entzündung. Hannah wurde ins künstliche Koma versetzt. Davor hörte sie noch, wie der Arzt sagte: „Die Gebärmutter muss raus. Sonst schafft sie es nicht.“
Dann — Dunkelheit.
Als sie die Augen aufschlug, sah sie die Schwester, die Infusion. Hannah lächelte schwach. Sie lebte.
„Ihr Mann war da. Mit dem Kinderwagen. Alles in Ordnung, keine Sorge.“
„Der kann doch nicht mal Eier kochen…“, flüsterte Hannah.
„Hat er schon. Fläschchen macht er auch. Bringt Finn in den Kindergarten. Hält durch. Wirklich.“
Tränen stiegen auf. Er — hält durch.
Nach zehn Tagen durfte sie heim. Die Wohnung war aufgeräumt. Das Baby satt. Finn im Kindergarten. Tobias an ihrer Seite. Alles frisch, alles sauber. Hannah sah ihn an wie ein Wunder.
„Und wer macht den Verband?“
„Ich. Gibt’s Alternativen?“
„Du?..“
„Ich.“
Und jede Nacht stand er zu Lina auf. Ohne Diskussion, ohne Aufforderung. Einfach so.
„Wie hast du das geschafft?“
„Hast nicht damit gerechnet, hm?“
„Ehrlich? Nein. Aber ich wusste immer, du bist gut.“
„Ich bin kein Held, Hannah. Ich bin dein Mann. Ein ganz normaler Mann.“
Zwei Monate später, zu Hannahs Geburtstag, klingelte es. Sie öffnete die Tür.
„Überraschung!“, rief Ulla Hermann laut und drängte sich mit vollen Tüten und Umarmungen in den Flur. Hinter ihr — Klaus Dieter, müde, aber glücklich.
Hannah wollte schon fragen, wo sie gewesen waren, als alles brannte, als sie fast starb… Aber sie sah sie nur an — und ihr Herz zuckte. Sie waren auch Teil dieser Welt, in der es Tobias gab.
„Hannah, sei nicht böse, dass wir nicht früher kamen. Aber Tobi hat dich nicht im Stich gelassen, oder?“
„Nein. Hat er nicht. Und würde er auch nie. Weil er der Beste ist.“