Gespräch mit dem Gewissen

**Gespräch mit dem Gewissen**

Unsere Ehe mit Elke zerbrach vor meinen Augen. Es waren nicht tägliche Streitereien – nur diese bleierne Müdigkeit, der Alltagstrott, die ewige Zeitnot und das Gefühl, unsichtbar zu sein. Arbeit, Kinder, Kochen, Putzen, Schule, Fußballtraining… Als lebten wir nebeneinander: unter einem Dach, doch in getrennten Welten. Ich kam spät heim, sie schlief schon halb mit Buch oder Handy ein. Morgens ein müdes „Guten Morgen“, dann hetzten wir in verschiedene Richtungen. Immer öfter fragte ich mich: *Ist das noch ein Leben?*

In dieser Zeit kam Lena ins Büro – jung, lebensfroh, mit diesem Funken in den Augen, der mich traf. Sie lachte über meine Witze, bat mit schelmischem Lächeln um Hilfe beim Drucker. In ihrem Blick lag Bewunderung, etwas, das ich von Elke seit Jahren nicht mehr spürte. Ich fing an, ihr den Hof zu machen: Kaffee, Komplimente, Mittagessen außerhalb der Firma. Zu Hause log ich, erfand Meetings oder Reparaturen für Kumpels. „Burnout“, flüsterte ich mit gesenktem Blick. Alles für diese Lena, die mir für Samstag Abend versprochen hatte, mich in ihre Wohnung zu lassen.

Ich schwebte vor Vorfreude. Der Plan stand: Sie würde warten, ich würde mich von „familiären Verpflichtungen“ freischaufeln. Freitagnacht kam ich heim, wie betrunken von meiner eigenen Dreistigkeit.

Elke stand in der Küche. Die Schatten unter ihren Augen waren dunkler geworden, ihr alter Bademantel hing schlaff um die Schultern. Die Kinder schliefen schon. Sie sah mich an – nicht wie eine Ehefrau, sondern wie ein Security-Scanner am Flughafen. Sie wusste sofort, dass etwas nicht stimmte. Doch sie schwieg. Wärmte mir das Essen auf, stellte den Teller vor mich hin. „Geschirr morgen“, murmelte sie. „Ich kann nicht mehr.“

Ich aß, duschte und schlich ins Schlafzimmer. Sie lag angezogen im Bett, die Haare noch im Zopf. Auf dem Nachttisch: ein Fotoalbum. Offenbar hatte sie darin geblättert, bevor der Schlaf sie übermannte.

Schlaflos griff ich danach.

Foto für Foto zog mich die Vergangenheit ein. Unser erstes Treffen. Spaziergänge im Englischen Garten. Elke, so jung, so leicht, mit sommersprossiger Nase und glücklichem Lachen. Wir im Urlaub an der Ostsee, Cocktails in der Hand, Sonne im Gesicht. Und ich – stolz, verliebt, voller Zärtlichkeit.

Plötzlich traf es mich wie ein Schlag.

Was war nur passiert? Warum sah ich nicht mehr die Frau, für die ich einst gekämpft hatte? *Ich* war es, der sie in Pflichten ertränkt hatte. *Ich* hatte aufgehört, sie zu beachten, ihr Blumen zu bringen, ihr Gutes zu sagen.

Das Album auf der Brust, kreiste eine Frage in meinem Kopf: *Warum suche ich Gefühle woanders, wenn sie längst hier sind?*

Um fünf Uhr morgens stand ich vor einem 24-Stunden-Blumenladen. Ich rief meine Mutter an, flehte sie an, die Kinder übers Wochenende zu nehmen. Dann rannte ich zurück – Brötchen, Marmelade, Kaffee in ihrer Lieblingstasse. Elke wachte vom Duft und meinem Gerempel auf. Sie starrte mich an, als wäre ich ein Einbrecher.

Ich ging auf die Knie.

„Verzeih mir. Ich bin ein Idiot. Gib mir eine Chance.“

Dann der Blumenstrauß – so groß, dass ihre Hände zitterten. Wir lachten, weinten, umarmten uns, und zum ersten Mal seit Jahren fühlte ich mich wieder lebendig.

Mit Lena machte ich Schluss. Es war widerlich, erbärmlich. Ihre Nummer löschte ich. Lügen hatte ich satt. Elke schickte ich noch am selben Tag zum Friseur, zur Massage, zur Kosmetik. Abends saßen wir im Restaurant, in dem wir einst unsere Verlobung gefeiert hatten. Am nächsten Tag: Kino, ein Spaziergang im Park, Kaffee auf einer Bank.

Und plötzlich sah ich es wieder – diesen Glanz in ihren Augen. Ein Hauch von Wimperntusche, ein Lachen, das mich traf. Mein Mädchen. Meine Frau. Mein Herz.

Seitdem tue ich alles, damit Elke sich geliebt fühlt. Ich helfe, höre zu, überrasche sie. Und wisst ihr was? Sie schenkt mir eine Wärme, eine Leidenschaft, gegen die jede „Lena“ wie ein Funken neben einem Feuer wirkt.

Also, Männer: Wollt ihr Leidenschaft? Sucht sie nicht bei anderen. Schaut eure Frau an. Vielleicht braucht sie nur eins: dass ihr wieder um sie werbt. Ja, genau wie am Anfang. Dann bekommt ihr keine Affäre für ein paar Wochen – sondern ein Leben voller Glück. Ich weiß es. Ich hab’s durchlebt.

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Gespräch mit dem Gewissen
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