Eile nicht mit der Ehe – Das Glück bleibt nicht fern, wie die Stimme der Weisheit in der Seele.

Lina, beeil dich nicht mit der Heirat. Das Glück läuft nicht weg – wie die Stimme ihrer Großmutter klang es in ihrem Herzen.

Lina wachte im Morgengrauen auf, um nicht nur pünktlich zur Arbeit zu kommen, sondern auch Egons Lieblingskäsekuchen zu backen. Sie warf einen Blick auf ihren schlafenden Verlobten, gähnte leise, lächelte und schlurfte in die Küche. Als die erste Portion fertig war, wachte Egon auf und kam herein, sich die Augen reibend. Lina stellte ihm einen Teller mit duftenden Käsekuchen vor, dazu Löffel, ein Schälchen Sauerrahm und die Zuckerdose, während sie schon die nächste Portion in die Pfanne legte.

Nach zwei Käsekuchen sagte Egon plötzlich:
„Hör mal, Linchen, wir haben Geld für den Urlaub übrig. Aber vielleicht sollten wir es sinnvoller ausgeben? Ich will mir ein Auto kaufen. Muss zwar einen Kredit aufnehmen, aber ein Auto ist praktischer. An die Ostsee können wir später noch hundertmal fahren.“

Das Geld war jedoch nicht gemeinsam gespart – Lina hatte es mühsam zurückgelegt. Egon sparte für eine Neubauwohnung, denn er wollte nicht in Linas altem Erbe wohnen, der gemütlichen Wohnung im Herzen Münchens. Doch Lina hatte sich so sehr auf den Urlaub gefreut, dass sie ihren Koffer längst gepackt hatte. Egons Argument klang vernünftig, also seufzte sie und nickte.

Kaum hatte sie zugestimmt, klingelte es an der Tür. Sie bat Egon, auf die Käsekuchen aufzupassen, und ging öffnen. Vor ihr stand die zukünftige Schwiegermutter, Gerda Schmidt, und hinter ihr Egons jüngerer Bruder Tim, der einen riesigen Koffer schleppte.

„Ich hab gestern mit Egonchen gesprochen“, begann Gerda, während sie die Schuhe auszog und sich in den Flur drängte. „Tim bleibt jetzt bei euch. Er hat sein Studium angefangen, und von unserem Haus braucht er vierzig Minuten zur Uni, von hier aus nur zehn. Kinder habt ihr ja noch keine, und ich hoffe, ihr überstürzt das nicht.“

„Mama, warum so früh? Ich bin noch beim Frühstück“, knurrte Egon und half seinem Bruder, die Sachen reinzubringen.

Lina war sprachlos. Aus ihrer Starre riss sie der Geruch von Angebranntem. Vergeblich hatte sie Egon gebeten, auf den Herd zu achten! Sie stürzte zur Pfanne und drehte den Herd ab. Hinter ihr trampelten Schwiegermutter und Söhne in die Küche.

„Meine Güte, Lina, willst du die Wohnung abfackeln? Pass doch auf!“, rief Gerda und schaufelte sich ungeniert die angekohlten Käsekuchen auf den Teller.

„Ich war an der Tür“, entgegnete Lina leise.

„Zum Auto – ich bin ganz Egons Meinung. Urlaub machen wir einfach in unserem Gartenhaus. Und übrigens, Sandra kann uns helfen. Ihr Mann verkauft gerade seinen Wagen, will sich einen neuen holen. Der ist fast fabrikneu!“

Lina wusste von Egon, dass Sandras Mann sein Auto seit einem Jahr nicht loswurde, weil er zu viel verlangte. Doch bevor sie protestieren konnte, jammerte Egon schon:

„Schließ doch bitte Omas Zimmer auf. Da können wir Tims Bett reinstellen, und den Sessel bringen wir besser ins Gartenhaus.“

Die Oma war vor zwei Monaten gestorben. Sie hatte Lina großgezogen, nachdem ihre Mutter neu geheiratet und sie zurückgelassen hatte. Lina wusste, dass ihre Oma krank war, aber nicht, dass es so schnell gehen würde. Egon hatte sie im Trauerfall unterstützt, und die Hochzeitspläne – wenn auch widerwillig – lenkten sie ein wenig ab. Doch vergessen konnte Lina sie nicht. Das Zimmer blieb verschlossen; nur manchmal ging sie hinein, um in der Stille an die liebste Seele zu denken.

Nun betrat sie das Zimmer, schloss die Tür, sank in Omas Sessel und weinte sich aus, das Gesicht in den Händen vergraben. Die Familie ihres Verlobten hatte sie an ihre Grenzen gebracht. Plötzlich spürte sie eine Wärme, als ob Oma ihre Schulter berührte, und hörte ihre Stimme: „Lina, beeil dich nicht mit der Heirat. Das Glück läuft nicht weg.“ Es war Omas liebster Rat gewesen, der Lina oft vor Fehlern bewahrt hatte. Doch jetzt erinnerte sie niemand mehr daran.

Nach fünf Minuten wischte sie sich die Tränen ab. Sie rief bei der Arbeit an und bat, ihren Urlaub zwei Wochen vorzuziehen. Hinter der geschlossenen Tür übertönte das Küchengewirr ihre Worte. Dann rief sie ihre Freundin an, die in einem Reisebüro arbeitete, und bat um einen Last-Minute-Urlaub. Das Glück lächelte – der Flug ging noch am selben Abend.

Leise zog Lina sich an, nahm ihre Ersparnisse, den Koffer und schlüpfte aus der Wohnung. Im Reisebüro klärte sie die letzten Details, dann schrieb sie Egon: „Zwischen uns ist alles aus. Die Hochzeit findet nicht statt. Hannah holt später die Schlüssel ab. Mach, dass du wegkommst. Tschüss.“

Sie rief ihre Nachbarin Hannah an, bat sie, in einer Stunde die Schlüssel abzuholen, und hoffte, Egon würde nicht anrufen. Nachdem alles geregelt war, schaltete sie ihr Handy aus und fuhr zum Flughafen. Zum ersten Mal seit langem fühlte sie sich frei.

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Eile nicht mit der Ehe – Das Glück bleibt nicht fern, wie die Stimme der Weisheit in der Seele.
Besser, die Braut hätte ihre Eltern nicht mitgebracht: Nach diesem Treffen war alles klar.