Die Stille der Schwiegermutter: Drei Monate ohne Worte nach unserem Urlaub

Meine Schwiegermutter schweigt nun seit drei Monaten. Alles begann damit, dass mein Mann und ich es wagten, in den Urlaub zu fahren, statt ihr Geld für ihre Renovierung zu geben. Ihre Wohnung in einem alten Haus am Stadtrand von Leipzig ist keineswegs baufällig, doch sie ist überzeugt, dass alle paar Jahre eine Renovierung fällig sei. Dabei gibt sie ihr Geld selbst für alles Mögliche aus – von Reisen bis zu neuen Kleidern –, nur um ihren Launen nachzugeben.

Wir leben nicht in Armut, aber wir werfen auch nicht mit Geld um uns. Erst kürzlich haben wir den Hauskredit abbezahlt, und wir haben zwei Schulkinder: unsere Tochter in der sechsten Klasse und unseren Sohn in der dritten. Dieses Jahr wagten wir uns zum ersten Mal seit Langem an einen richtigen Urlaub. Und dieser Entschluss scheint unser Leben auf den Kopf gestellt zu haben.

Solange wir den Kredit abstotterten, träumten wir nicht von Urlauben. Höchstens ein paar Tage bei meinen Eltern im benachbarten Dresden. Wir brachten die Kinder zu ihnen und holten sie eine Woche später ab. Meine Eltern haben ein großes Haus mit Garten, die Kinder sind dort glücklich: Angeln mit Opa, Kuchen von Oma, frisches Gemüse aus dem Beet. Doch für meinen Mann und mich war das kein Urlaub – nur ein Wechsel der Kulisse. Diesmal wollten wir alles anders machen. Wir knackten unser Sparschwein und fuhren zu meiner Cousine nach Kiel, ans Meer.

Vielleicht wirkt es seltsam, dass unsere Kinder den Sommer bei meinen Eltern verbringen. Für uns ist das normal. Meine Schwiegermutter, Hildegard Meyer, machte von Anfang an klar: Auf ihre Hilfe mit den Enkeln könnten wir nicht zählen. Sie habe ihre Kinder erzogen und wolle nun für sich leben. Wir akzeptierten das und drängten uns nicht auf. Ich verstand sie: Mein Mann hat noch einen Bruder und eine Schwester, und drei Kinder großzuziehen ist kein Witz. Ich selbst bin Mutter zweier Kinder, ich weiß, wie das ist. Also sah Hildegard ihre Enkel nur selten: Sie kam für eine Stunde, spielte etwas und verschwand wieder in ihr eigenes Leben.

Vor vier Jahren ging sie in Rente.
„Endlich zu Recht erholen! Ich werde das Leben genießen!“, verkündete sie strahlend.

Ihre Pläne waren groß: Schwimmbad, Theater, Spaziergänge, Besuche bei Freundinnen in anderen Städten, Kur-Urlaube. Sie genoss das Leben, als wolle sie Versäumtes nachholen. Doch es gab ein Problem: Ihre Rente reichte nicht für ihre Ansprüche. Die Kinder mussten helfen. Die Schwester meines Mannes lehnte sofort ab – sie hatte ihre eigenen Ausgaben. Der ältere Bruder schickte ab und zu etwas. Wir gaben kein Geld, da wir den Kredit abzahlten, und Hildegard wusste das.

Dafür bat sie um andere Hilfe: etwas bringen, abholen, reparieren. Als der Kredit fast getilgt war, kam sie auf die Renovierung zu sprechen. Ihre Wohnung, meinte sie, bräuchte eine Auffrischung. Unsere war auch nicht gerade neu – renoviert hatten wir nur beim Einzug. Doch wir entschieden: Urlaub war uns wichtiger. Ihre Bitten vergaßen wir einfach.

Wir erzählten Hildegard nichts von unseren Plänen. Wir haben weder Blumen noch Haustiere, die Kinder waren bei uns. Über Pläne zu sprechen, war nicht unsere Art. Wir schlossen die Wohnung ab, packten die Koffer und fuhren los.

Im Urlaub war alles wie im Märchen – bis Hildegard die Hilfe meines Mannes brauchte. Sie rief an, und Heinrich sagte ehrlich, wir seien in Kiel. Sie war es gewohnt, dass wir nur ein paar Tage zu meinen Eltern fuhren, und fragte, wann wir zurückkämen. Als sie hörte, es seien noch Wochen, bat sie Heinrich, am Wochenende zu kommen – von Dresden nach Leipzig seien es nur wenige Stunden.

Heinrich lachte:
„Mutter, wir sind am Meer! Welches Wochenende?“

Kalt erwiderte sie:
„Verstehe.“ – und legte auf.

Als wir nach Hause kamen, brach ein Sturm über uns herein. Noch am selben Tag stürmte Hildegard wütend bei uns herein.
„Nicht mal Bescheid gesagt!“, schrie sie.

„Was hätten wir sagen sollen? Dass wir im Urlaub sind? Du erzählst auch nicht von deinen Reisen, und ich nehme es dir nicht übel“, wunderte sich Heinrich.

„Woher habt ihr das Geld? Erst den Kredit abbezahlt!“

„Unser Erspartes genommen, wir wollten uns erholen. Wo ist das Problem?“ Heinrich verstand es immer noch nicht.

„Natürlich habt ihr Geld für Urlaub, aber für die Renovierung eurer Mutter nicht!“, platze sie heraus.

Heinrich verlor die Geduld:
„Ich frage dich auch nicht, wofür du in den Kurorten Geld ausgibst! Und jetzt fahren wir einmal in unserem Leben in den Urlaub, und du machst Theater!“

„Undankbar!“, warf Hildegard hin und knallte die Tür zu.

Seitdem spricht sie nicht mehr mit uns. Sie geht nicht ans Telefon, öffnete uns nicht die Tür, gratulierte nicht einmal unserem Sohn zum Geburtstag. Heinrichs Bruder und Schwester rufen nun an, um uns mitzuteilen, wie egoistisch wir seien. Besonders die Schwägerin, die nie geholfen hat, nie zu Besuch kommt und Hildegard nie einlädt, schimpft am lautesten. Doch natürlich hält sie sich für berechtigt, uns zu verurteilen.

Heinrich und ich sind uns sicher: Wir sind nicht schuld. Hildegard hat sich grundlos aufgeregt. Wir sind nicht verpflichtet, all unser Geld für ihre Launen auszugeben – wir haben unser eigenes Leben, unsere eigenen Kinder. Meine Eltern stehen hinter uns und finden, wir hätten alles richtig gemacht. Mir ist die Meinung von Heinrichs Geschwistern egal. Doch dieser Streit hängt wie eine dunkle Wolke über uns, und ich weiß nicht, wie der Frieden in die Familie zurückkehren soll.

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