Eile nicht mit der Ehe, das Glück bleibt — wie die Stimme der Großmutter, die in der Seele erklingt.

Lina, beeil dich nicht mit der Heirat. Das Glück wird nicht weglaufen – wie die Stimme der Oma plötzlich in ihrem Herzen erklang.

Lina wachte im Morgengrauen auf, um nicht nur rechtzeitig für die Arbeit fertig zu werden, sondern auch Jonathans Lieblingskäsekuchen zu backen. Sie warf einen Blick auf ihren schlafenden Verlobten, gähnte, lächelte leise und ging in die Küche. Als die erste Portion fertig war, kam Jonathan verschlafen herein, sich die Augen reibend. Lina stellte ihm einen Teller mit duftenden Käsekuchen hin, dazu einen Löffel, ein Schälchen Sauerrahm und die Zuckerdose, während sie schon die nächste Ladung in die Pfanne legte.

Als er ein paar Stücke gegessen hatte, meinte Jonathan plötzlich:
„Hör mal, Lina, wir haben Geld für Urlaub. Aber vielleicht sollten wir es sinnvoll ausgeben? Ich will mir ein Auto kaufen. Wir müssten zwar einen Kredit aufnehmen, aber ein Auto ist praktischer. An die Ostsee können wir noch hundertmal fahren.“

Das Geld war nicht gemeinsam – Lina hatte es allein gespart. Jonathan hingegen legte Geld für eine Neubauwohnung zurück, weil er nicht in Linas Oma-Wohnung im Herzen von München leben wollte. Doch Lina hatte sich so auf den Urlaub gefreut, dass sie ihren Koffer schon gepackt hatte. Sie seufzte und nickte schließlich, denn sein Vorschlag klug logisch.

Kaum hatte sie zugestimmt, klingelte es an der Tür. Sie bat Jonathan, auf den Käsekuchen aufzupassen, und ging öffnen. Draußen stand ihre zukünftige Schwiegermutter, Monika, und hinter ihr Jonathans jüngerer Bruder, Finn, der einen riesigen Koffer schleppte.

„Ich habe gestern mit Jonathan gesprochen“, fing Monika an, während sie ihre Schuhe auszog und sich in den Flur drängte. „Finn wird bei euch wohnen. Er studiert jetzt, und von unserem Haus braucht er vierzig Minuten zur Uni, von hier nur zehn zu Fuß. Kinder habt ihr ja noch keine, und ich hoffe, ihr überstürzt das nicht.“

„Mama, warum so früh? Ich bin noch nicht mal fertig mit Frühstücken“, brummte Jonathan und half seinem Bruder, die Sachen reinzubringen.

Lina war wie erstarrt. Erst der Geruch von Angebranntem riss sie aus ihrer Starre. Vergeblich hatte sie Jonathan gebeten, auf den Käsekuchen zu achten! Sie stürzte zum Herd, um ihn auszuschalten. Kurz darauf standen ihre Schwiegermutter und die beiden Brüder in der Küche.

„Mein Gott, Lina, willst du die Wohnung abfackeln? Sei doch vorsichtiger!“, warf Monika hin und schaufelte sich ungeniert die angekohlten Käsekuchen auf den Teller.

„Ich war an der Tür“, verteidigte sich Lina leise.

„Wegen dem Auto – ich stimme Jonathan zu. Urlaub könnt ihr doch im Ferienhaus in Bayern machen. Und Jessica kann euch beim Autokauf helfen. Ihr Mann verkauft gerade seinen Wagen, weil er einen neuen will. Der ist fast fabrikneu!“

Lina wusste von Jonathan, dass der Mann seiner Schwester Jessica das Auto seit einem Jahr nicht loswurde, weil er zu viel verlangte. Doch bevor sie etwas einwenden konnte, jammerte Jonathan schon und bat sie, die seit dem Tod der Oma verschlossene Zimmer aufzumachen.

„Da können wir Finns Schlafsofa reinstellen, und den Sessel bringen wir besser ins Ferienhaus“, fügte er hinzu.

Linas Oma war vor zwei Monaten gestorben. Sie hatte Lina großgezogen, nachdem ihre Mutter ein zweites Mal geheiratet und sie bei der Oma gelassen hatte. Lina wusste, dass ihre Oma krank war, aber sie hatte nicht damit gerechnet, dass sie so plötzlich gehen würde. Jonathan hatte sie in ihrer Trauer unterstützt, und die Hochzeitspläne lenkten sie, wenn auch widerwillig, von ihrem Schmerz ab. Doch vergessen konnte Lina ihre Oma nicht. Das Zimmer blieb verschlossen – nur manchmal ging sie hinein, um in der Stille zu sitzen und an ihre liebste Seele zu denken.

Nun betrat sie das Zimmer, schloss die Tür hinter sich und brach in Omas Sessel zusammen, das Gesicht in den Händen. Die Familie ihres Verlobten hatte sie an ihre Grenzen gebracht. Plötzlich spürte sie eine Wärme, als hätte ihre Oma ihre Schulter berührt, und hörte ihre Stimme: „Lina, beeil dich nicht mit der Heirat. Das Glück wird nicht weglaufen.“ Das war die Ermahnung ihrer Oma gewesen, die Lina schon oft vor Fehlern bewahrt hatte. Doch jetzt war niemand mehr da, der sie daran erinnerte.

Nach fünf Minuten wischte Lina sich die Tränen ab. Sie rief auf der Arbeit an und bat, ihren Urlaub um zwei Wochen vorzuziehen. Hinter der geschlossenen Tür übertönte das Küchengewirr ihre Worte. Dann kontaktierte sie eine Freundin, die in einem Reisebüro arbeitete, und bat um einen Last-Minute-Urlaub. Glücklicherweise gab es noch einen Flug am Abend.

Leise zog Lina sich an, nahm ihre Ersparnisse, ihren Koffer und schlüpfte aus der Wohnung. Im Reisebüro klärte sie die Details, dann schrieb sie Jonathan eine Nachricht: „Zwischen uns ist alles aus. Es wird keine Hochzeit geben. Hannah holt später die Schlüssel ab, also pack deine Sachen. Leb wohl.“

Sofort rief sie ihre Nachbarin Hannah an und bat sie, in einer Stunde die Schlüssel abzuholen – in der Hoffnung, Jonathan würde sie nicht anrufen. Nachdem alles geklärt war, schaltete sie ihr Handy aus und fuhr zum Flughafen. Zum ersten Mal seit Langem fühlte sie sich frei.

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