Zerbrochene Herzen und bittere Wahrheiten

Ein gebrochenes Herz und die bittere Wahrheit

Der Abend in der kleinen Stadt Freiburg war kalt und trübselig. Lina saß in der Küche, das Gesicht in den Händen vergraben, aus denen bittere Tränen flossen. Die Stille der Wohnung wurde durch das schrille Klingeln des Telefons durchbrochen. Es war ihre ältere Schwester, Elke.

„Lina, stimmt es, dass du und Markus euch scheiden lasst?“, platzte Elke ohne Begrüßung heraus, kaum verhohlene Freude in ihrer Stimme.

„Ja“, hauchte Lina kaum hörbar und versuchte, ihr Schluchzen zu unterdrücken.

„Hat er eine andere?“, fuhr Elke unerbittlich fort.

„Er sagt, nein“, Linas Stimme zitterte vor Schmerz.

„Und du weißt nicht mal, warum er geht?“, fragte Elke mit einem Ton, als kenne sie die Antwort bereits.

„Ich habe keine Ahnung, was schiefgelaufen ist“, gestand Lina und spürte, wie ihr Herz sich vor Verzweiflung zusammenzog.

„Dann muss ich dir wohl die Wahrheit sagen“, erklärte Elke plötzlich, und etwas Finsteres schwang in ihrer Stimme mit.

„Die Wahrheit? Wovon redest du?“, Lina erstarrte und verstand nicht, worauf ihre Schwester hinauswollte.

Elke konnte ihren Triumph kaum verbergen. Nein, in ihrem eigenen Leben war nichts Besonderes passiert, aber die Welt ihrer jüngeren Schwester Lina brach zusammen. Markus, ihr Ehemann, hatte sie nach drei Ehejahren verlassen, die ihr fast perfekt erschienen waren. Doch in den letzten Monaten hatte sich alles verändert.

Markus war kalt und distanziert geworden. Er blieb länger auf der Arbeit, kam mit dem leichten Duft fremder Parfüms nach Hause, die Lina trotz seiner abweisenden Gesten bemerkte. Auf ihre Fragen reagierte er gereizt und warf ihr übertriebene Eifersucht vor.

„Das sind die Kollegen, die schwimmen im Parfüm“, warf er hin und vermied ihren Blick.

Lina glaubte ihm nicht, aber Beweise hatte sie keine. Verzweifelt folgte sie ihm sogar einmal, doch fand nichts Verdächtiges. Die Spannung wuchs, und eines Tages explodierte Markus:

„Hör auf, mich zu quälen! Ich will die Scheidung“, seine Worte trafen sie wie ein Schlag.

„Hast du eine andere? Ich hatte recht?“, Lina blickte ihn an und kämpfte gegen die Tränen.

„Darum geht es nicht! Du machst mich wahnsinnig mit deinem Misstrauen!“, schnitt er das Gespräch ab und packte seinen Koffer.

Sie hatten eine Mietwohnung, also gab es wenig zu teilen. Kinder hatten sie auch keine, was Lina nun als bittere Erleichterung empfand. Markus ging und ließ sie in der leeren Wohnung zurück, wo jede Ecke an zerstörte Träume erinnerte.

Elke erfuhr von der Scheidung durch die Mutter. Sie sprach selten mit Lina, doch wetteiferte ständig mit ihr, überzeugt, die jüngere Schwester dürfe nicht glücklicher sein. Die Nachricht von der Scheidung war für Elke ein Grund zur Schadenfreude. Sofort rief sie Lina an.

„Stimmt es, dass ihr euch scheiden lasst?“, fragte sie, kaum dass Lina abhob. „Hat Markus eine andere?“

„Er sagt, nein“, antwortete Lina mit schmerzerfüllter Stimme. „Aber ich glaube ihm nicht.“

„Natürlich hat er eine!“, rief Elke begeistert. „Wie konntest du nichts bemerken, wenn du ihm nachspioniert hast?“

„Es war nicht so einfach“, fuhr Lina gereizt zurück, während die Wut ihre Tränen verdrängte.

„Na ja“, fuhr Elke genussvoll fort. „Überleg mal, warum er gegangen ist? Wie lange wart ihr verheiratet? Zwei Jahre?“

„Drei“, korrigierte Lina, die keine Lust mehr hatte, zuzuhören.

„Und in drei Jahren hast du nicht gemerkt, was falsch lief?“, hörte Elke nicht auf. „Thomas und ich sind seit acht Jahren zusammen, drei Kinder, und bei uns läuft alles perfekt. Und du? Denk mal nach, was du falsch gemacht hast!“

Lina schwieg und umklammerte das Telefon. Elke, als spürte sie ihre Schwäche, fuhr fort:

„Vielleicht bist du eine schlechte Hausfrau? Hast du nur Tiefkühlpizza aufgetischt? Oder war die Wohnung ein Saustall? Ich erinnere mich, wie du als Kind nie aufräumen wolltest. Oder hat er dich nicht mehr begehrt? Eine gute Frau hält ihren Mann, eine schlechte treibt ihn in die Arme einer anderen!“

Elkes Worte trafen Lina wie Messerstiche. Plötzlich fragte sie sich: Was, wenn ihre Schwester recht hatte? Vielleicht war sie wirklich schuld? Doch dann schob sie den Gedanken beiseite. Sie kochte gerne, die Wohnung war immer sauber, und die Probleme im Schlafzimmer kamen nur von Markus’ Müdigkeit. Nein, es lag nicht an ihr.

Lina wischte sich die Tränen ab und ging schlafen, entschlossen, sich von ihrer Schwester nicht fertigmachen zu lassen. Der Monat bis zur Scheidung war hart, doch als die Papiere rechtskräftig wurden, spürte sie Erleichterung. Das Leben ging weiter, und Lina widmete sich sich selbst. Sie meldete sich im Fitnessstudio an, änderte ihren Stil und wurde von einer langhaarigen Brünette zu einer kurzen, blonden Powerfrau. Zum ersten Mal seit Langem lächelte sie ihr Spiegelbild an.

Elke, die Lina in den Sozialen Medien verfolgte, kochte vor Wut. Sie hatte erwartet, dass Lina leiden würde, doch stattdessen erblühte sie. Die Blumensträuße neuer Verehrer, die Lina online postete, brachten Elke zur Weißglut. Jedes Mal rief sie an:

„Gib’s zu, du kaufst dir die Blumen selbst!“, fragte sie mit kaum verhohlener Eifersucht.

„Wozu?“, lachte Lina. „Es gibt genug Verehrer.“

Elke glaubte nicht, dass eine geschiedene Frau interessant sein konnte. Doch so sehr sie sich auf Lina konzentrierte, merkte sie nicht, wie ihr eigenes Leben zerfiel. Thomas, ihr Mann, wurde distanzierter, und sie, blind vor Neid, bemerkte es nicht.

Ein halbes Jahr später traf es sie wie ein Schlag:

„Ich gehe, Elke. Du bist mir fremd geworden. Ich habe eine andere gefunden, die sich um mich kümmert, statt sich von ihrer Schwester besessen zu machen.“

„Das ist ein Witz, oder?“, erstarrte Elke.

„Nein“, antwortete Thomas kalt. „Ich bin müde.“

Elke war geschockt. Noch vor Kurzem hatte sie sich über Linas Scheidung lustig gemacht – jetzt stand sie selbst am Abgrund. Doch im Gegensatz zu Lina hatte sie zwei Kinder, die sie nun allein großziehen musste. Thomas packte seine Sachen und ging.

Lina erfuhr von der Scheidung durch die Mutter. Elke wagte nicht anzurufen – sie hatte Lina zuletzt noch als schlechte Hausfrau verspottet. Jetzt war sie die Verlassene, eine demütigende Niederlage.

Thomas kehrte trotz Elkes Flehen nicht zurück. Ein halbes Jahr lebte sie in Depression, doch langsam rappelte sie sich auf. Die Scheidung war eine grausame Lektion: Spotte nicht über das Leid anderer, sonst klopft es an deine Tür.

Lina hingegen blühte auf. Sie fand einen neuen Job, schloss Freundschaften und lernte sogar einen Mann kennen, der sie aufrichtig bewunderte. Als sie ihre Schwester ansah, empfand sie keine Schadenfreude – nur Mitleid. Das Leben hatte sie stärker gemacht, und sie war bereit, weiterzugehen, Schmerz und Groll hinter sich zu lassen.

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