Meine Mutter ist empört: Meine Schwester zählt jeden Cent, während ich ein Vermögen für den privaten Kindergarten ausgebe
Nie hätte ich gedacht, dass Gespräche mit meiner Mutter zur puren Qual werden könnten. Jedes Gespräch dreht sich unweigerlich um dasselbe: wie sehr meine jüngere Schwester, Lina, leidet und wie es angeblich meine Pflicht sei, ihr zu helfen. Mama scheint vergessen zu haben, dass ich mein eigenes Leben, eigene Sorgen und ein Kind habe, für das ich alles tun würde. Doch ihre vorwurfsvollen Worte treffen mich jedes Mal wie ein Hammer.
Mama ist fest überzeugt, wenn ich das Geld nicht für den privaten Kindergarten meines Sohnes ausgeben würde, stürzte ich mich sofort in Linas Rettung. Meine Schwester wurde von kleinauf verwöhnt – ihr wurde alles hinterhergetragen, sie wurde stets bevorzugt und als Beispiel hingestellt. Ich dagegen musste mich durchkämpfen, so lange ich denken kann. In der Schule lernte ich bis tief in die Nacht, an der Uni jobbte ich, um mein Studium zu finanzieren. Während Mama Lina für ihre „Leichtigkeit“ bewunderte, schmälerte sie meine Erfolge, die ich mir hart erkämpft hatte.
Lina wusste niemals zu schätzen, was sie hatte. Sie nahm alles als selbstverständlich. Resultat? Kein Abschluss, keine Karriere. Mit neunzehn wurde sie schwanger, heiratete ihren Kommilitonen, der sich als fauler Nichtsnutz entpuppte. Ein Elternzeit folgte der nächsten, und nun ist sechsundzwanzig, mit zwei Kindern, einem Mann, der kaum Geld nach Hause bringt, und völliger Abhängigkeit von Mamas Unterstützung. Ich dagegen, stets auf mich allein gestellt, leite heute eine Abteilung in einem großen Unternehmen. Mein Mann, Tobias, ist ebenfalls erfolgreich, und zusammen haben wir unserer Familie ein gutes Leben ermöglicht.
Vor vier Jahren kam unser Sohn, Jonas, zur Welt. Tobias und ich verdienen gut, sodass wir nicht auf jedes Detail achten müssen. Der private Kindergarten, in den Jonas geht, ist keine Laune, sondern eine Notwendigkeit. Im städtischen Kindergarten war er ständig krank, und wir mussten eine teure Tagesmutter engagieren. Zudem sind die Gruppen im privaten Kindergarten klein, und die Erzieherinnen sind wahre Profis, die die Kinder wie ihre eigenen behandeln. Für Mama jedoch ist das ein rotes Tuch.
„Hast du den Verstand verloren, so viel Geld für einen Kindergarten auszugeben?!“, schrie sie mich am Telefon an. „Wenn du es schon zum Fenster rauswirfst, könntest du wenigstens Lina helfen! Sie kommt kaum über die Runden!“ Ihre Stimme zitterte vor Empörung, doch ich spürte, dass es ihr nicht um Lina ging, sondern darum, mich zu manipulieren.
Ich versuchte zu erklären, dass der Kindergarten keine Luxusentscheidung war. Jonas fing sich im städtischen Kindergarten ständig etwas ein, und ich konnte nicht zwischen Arbeit und Krankschreibungen hin- und hergerissen sein. Mama aber sprang sofort für Lina ein – mal passte sie auf die Kinder auf, mal half sie finanziell aus. Ihr Argument war immer dasselbe: „Lina steckt in der Klemme, während du im Geld schwimmst.“ Es war ungerecht und schmerzte.
Eines Tages überschritt Mama jede Grenze. Unangekündigt stand sie vor unserer Tür, mit funkelnden Augen und einer Liste von Forderungen. „Du musst Lina mit den Schulden für ihre Wohnung helfen!“, begann sie sofort. „Ihre Kinder hungern, und du schickst deinen Sohn in einen Nobelkindergarten!“ Ich spürte, wie die Wut in mir hochkochte. Wie lange noch sollte ich mir das gefallen lassen? Tief atmend, um nicht loszuschreien, entgegnete ich: „Mama, ich schulde niemandem etwas. Lina hat ihr Leben selbst gewählt – ich muss sie nicht durchfüttern.“
Mama erstarrte, ihr Gesicht lief rot an. Sie brüllte, ich sei eine gefühllose Egoistin, die ihre Schwester im Stich lasse. Aber diesmal schwieg ich nicht. „Wer half mir, als ich nachts jobbte, um mein Studium zu bezahlen?“, fragte ich und sah ihr direkt in die Augen. „Wer stand mir beim Aufbau meiner Karriere zur Seite? Niemand. Ich habe alles allein geschafft – und jetzt will ich das Beste für meinen Sohn. Das ist mein Recht.“
Nach diesem Streit herrschte tagelang Funkstille. Ich wusste, Mama war beleidigt, doch gleichzeitig fühlte ich Erleichterung. Zum ersten Mal hatte ich meine Grenzen verteidigt. Tobias stand hinter mir, bestärkte mich darin, richtig gehandelt zu haben. Er erinnerte mich daran, dass unsere Familie – er, Jonas und ich – an erster Stelle steht.
Nach einer Woche rief Mama an. Ihre Stimme war leiser, fast schuldbewusst. Sie entschuldigte sich, fügte jedoch sogleich hinzu, Lina brauche noch immer Hilfe. Ich hörte zu, blieb aber standhaft: „Ich kann nicht Linas Geldautomat sein. Wenn sie ihr Leben ändern will, soll sie lernen, arbeiten, selbst etwas tun.“ Mama seufzte, widersprach jedoch nicht.
Dieser Konflikt wurde für mich zum Wendepunkt. Ich begriff, dass ich mich nicht rechtfertigen muss. Erst kürzlich haben Tobias und ich eine Hypothek für eine neue Wohnung in Freiburg aufgenommen, unserer gemütlichen Stadt. Es war eine bewusste Entscheidung – eine Investition in unsere Zukunft. Und wenn Mama meint, ich „verschleudere Geld“, dann weiß ich doch, dass ich es für Jonas’ Glück und Gesundheit tue.
Wenn ich Jonas nun in den Kindergarten bringe, sehe ich, wie er mit einem Lächeln zu den Erzieherinnen rennt. Er ist gesund, glücklich und geborgen. Und Lina? Ich wünsche ihr von Herzen, ihren eigenen Weg zu finden – aber nicht auf meine Kosten. Meine Mutter wird meine Entscheidungen vielleicht nie verstehen, doch ich habe gelernt, mich von ihren Worten nicht verunsichern zu lassen. Das Leben in Freiburg geht seinen Gang, und ich weiß, dass ich alles tue, um meine Familie glücklich zu machen.