»Er frisst ja wie ein ausgehungerter Hund!« — Wie meine Schwiegermutter beschloss, ich würde meinen Sohn nicht richtig ernähren, und mir mit dem Jugendamt drohte
Manchmal denke ich, eine Scheidung bedeutet nicht das Ende der Ehe, sondern eine lebenslange Mitgliedschaft bei der Schwiegermutter. Sechs Jahre sind vergangen, seit Lukas und ich getrennt sind, doch seine Mutter mischt sich noch immer in mein Leben ein, erzieht mich und wirft mir alles Mögliche vor. Besonders seit sie erfahren hat, dass ich wieder verheiratet bin.
Ich komme aus München. Als Lukas und ich uns trennten, war ich neunundzwanzig. Unser Sohn Finn war fünf. Die Wohnung gehörte mir, lange vor der Hochzeit gekauft. Die Möbel ebenfalls. Er ging mit einer Sporttasche und seinen Papieren – direkt zu Mutti, die immer wie ein Schatten hinter ihm stand. Doch selbst nach der Trennung hinderte ich ihn nicht daran, Finn zu sehen. Im Gegenteil – ich wollte, dass er eine Beziehung zu seinem Vater behielt. Doch alles scheiterte an einem Hindernis: der Ex-Schwiegermutter.
Helga Schneider war stets eine Frau mit Prinzipien. Doch diese galten nur für andere. Von Anfang an mochte sie mich nicht – »zu eigenständig«. Sie flüsterte Lukas ein, ich hätte ihn »eingefangen«, »an der Angel gehabt«, »aus Berechnung geheiratet«. Obwohl alles anders war, gab ich irgendwann auf. Wir trennten uns. Er zahlte Unterhalt, war aber kaum im Leben unseres Sohnes präsent.
Einmal rief ich Lukas an und sagte, Finn brauche eine Winterjacke. Kein Markenprodukt, nur etwas Warmes und Vernünftiges. Da platze Helga heraus:
»Jetzt will sie auch noch Geld von ihm! Soll mein Sohn etwa obdachlos werden? Er spart für eine Wohnung, weißt du!«
In diesem Moment begriff ich – ihre Liebe zu ihrem Sohn macht sie blind. Es interessierte sie nicht, dass ein Kind Essen, Kleidung und medizinische Versorgung braucht. Dass Miete, Hobbys und Arztbesuche allein an mir hingen. Und Lukas? Er zuckte nur mit den Schultern. Unentschlossen. Bequem.
Als sie erfuhr, dass ich einen neuen Mann hatte, befahl sie Lukas sofort, Finn öfter zu besuchen. »Ein Kind braucht keinen Stiefvater«, sagte sie. Er kam dann an Wochenenden, musterte meine Wohnung mit staunendem Blick – als würde er sich fragen, wie ich überhaupt noch auf den Beinen war.
Doch nach meiner zweiten Hochzeit erwachte plötzlich Helgas Interesse am Enkel. Sie verlangte Treffen. Ich wehrte mich nicht.
»Nehmt ihn ruhig übers Wochenende«, sagte ich.
Lukas kam früher als vereinbart, und ich hatte Finn noch nicht gefüttert. »Mach ihm bitte Frühstück«, bat ich.
Eine Stunde später rief Helga an. Sie brüllte so laut, dass die Nachbarn es hören konnten:
»Du lässt ihn verhungern! Er isst wie ein Wolf!«
»Ich sagte doch, Lukas war zu früh da.«
»Ach was! Der Junge kennt kein ordentliches Essen! Einmal Nudeln, dann wieder Nudeln – und Kekse sind deine ganze Fürsorge?! Mein Sohn zahlt Unterhalt, und du lebst davon! Ich zeig dich dem Jugendamt!«
Ich legte einfach auf. Finn hätte selbst erzählen können, was er isst. Er ist gesund, fröhlich, treibt Sport und geht in den Kindergarten. Ich bin eine berufstätige Mutter, keine Köchin für die Schwiegermutter.
Seitdem lasse ich Finn nie mehr hungrig gehen. Einmal stand Lukas schon in der Tür, während ich sicherstellte, dass unser Sohn satt war. Er schaute zu Boden. Kein Wort.
Doch ein Moment blieb mir besonders im Gedächtnis. Plötzlich durchfuhr mich ein stechender Schmerz im Bauch. Der Notarzt kam – Verdacht auf Blinddarmentzündung. Lukas wollte gerade Finn abholen. Ich bat ihn, auf unseren Sohn aufzupassen. Er nickte, versicherte mir, alles sei unter Kontrolle.
Als ich Finn nach meiner Entlassung abholte, trat Helga auf mich zu und zischte:
»Lass ihn vom Arzt checken. Er verschlingt eine ganze Pfanne Frikadellen auf einmal! Vielleicht hat er Würmer?«
Ich konnte nicht anders – ich lachte ihr ins Gesicht. Aus vollem Herzen. Denn es war einfach lächerlich – so viel Hass in einer Person, die ihr Enkelkind nur einmal im Monat sieht, sich aber für die beste Oma der Welt hält. Seltsamerweise erwähnte sie danach nie wieder den Unterhalt. Vielleicht begriff sie endlich, was es wirklich kostet, ein Kind großzuziehen.
Und ich? Ich lebe einfach weiter. Liebe meinen Sohn. Arbeite. Baue meine neue Ehe auf. Und versuche, jene fernzuhalten, die nur urteilen, aber nichts geben können – nicht einmal ein bisschen Güte. Denn am Ende zählt nur, was man selbst für die Menschen tut, die einem wirklich wichtig sind.