Der Sohn fordert uns auf, ein Testament zu erstellen. Ich bin 56, mein Mann ist 57.

**10. März 2024**

Unser Sohn erklärte heute, dass mein Mann und ich ein Testament machen müssen. Ich bin 56, er 57.

Nie hätte ich gedacht, dass ein Gespräch mit unserem eigenen Kind mir das Herz brechen könnte. Wir haben nur ein Kind – unseren Jakob, unser Stolz, unsere ganze Liebe. Seit seiner Geburt lebten wir nur für ihn, gaben alles, was wir hatten: Zeit, Kraft, Träume. Wir wollten, dass er es gut hat – die beste Schule, ein warmes Zuhause, eine sichere Zukunft. Dafür opferten mein Mann, Stefan, und ich unsere eigenen Wünsche, arbeiteten bis zur Erschöpfung, sparten jeden Cent. Doch dieser Abend in unserem gemütlichen Haus in Rothenburg ob der Tauber veränderte alles.

Jakob kam mit einem ernsten, fast strengen Gesicht zu uns. Er setzte sich gegenüber am alten Eichentisch im Wohnzimmer, als stünde etwas Unumstößliches bevor. Mir war, als kroch ein eisiger Kloß der Angst in meiner Brust hoch. „Mama, Papa, wir müssen über die Zukunft reden“, begann er, ohne uns anzusehen. „Ich finde, ihr solltet ein Testament aufsetzen.“

Ich erstarrte. Stefan warf mir einen verstörten Blick zu, und mir wurde schwindlig. Ein Testament? Wir sind noch voller Energie, planen eine Reise an die Ostsee, träumen von neuen Projekten – und unser Sohn spricht vom Tod? „Jakob, warum jetzt?“, brachte ich mühsam hervor. „Wir sind gesund, haben noch so viel Zeit.“ Doch er blieb hart. „Mama, das Alter spielt keine Rolle. Es muss geregelt sein, damit es später keine Probleme gibt. Ich muss wissen, was ihr mir hinterlasst.“

Seine Worte trafen mich wie ein Messerstich. Keine Spur von Sorge um uns, nur kalkulierendes Interesse, als zähle er schon unser Hab und Gut zusammen, noch bevor wir gegangen sind. Ich sah ihn an – den Jungen, den wir mit so viel Liebe großgezogen hatten – und konnte es nicht fassen. Sind wir für ihn nur noch Besitzer einer Wohnung, eines Autos und unseres Ersparten? Nicht Eltern, sondern eine Erbmasse?

Stefan schwieg, starrte auf den Tisch, als suchte er in den Holzbändern eine Antwort auf diesen Albtraum. Ich kämpfte gegen die Tränen, die mir heiß in die Augen stiegen. Wie konnte unser Sohn, den wir beschützt, dem wir alles gegeben hatten, nun nur noch Materielles sehen? Ich erinnerte mich, wie ich nachts an seinem Bettchen saß, wie Stefan ihm das Radfahren beibrachte, wie wir uns über seine ersten Schritte und Worte freuten. Und jetzt saß er da und verlangte ein Testament, als stünden wir mit einem Fuß im Grab.

„Jakob“, sagte Stefan endlich mit ruhiger, doch gebrochener Stimme, „wir haben immer für dich gesorgt. Alles, was wir haben, gehört dir. Aber jetzt davon zu reden… Das fühlt sich an, als wolltest du die Zeit vordrängen.“ Unser Sohn runzelte die Stirn, als hätte er diese Antwort nicht erwartet. „Papa, ich will nur, dass alles fair geregelt ist“, erwiderte er gereizt. „Damit es später keinen Streit gibt.“

Streit? Probleme? Mir schnürte sich die Kehle zu. Stefan und ich hatten nie etwas für uns behalten, alles für die Familie, für Jakob getan. Und nun redete er von Streit, als wären wir Fremde. In diesem Moment spürte ich, wie etwas zwischen uns zerbrach – wie dünnes Glas. Die Liebe, das Vertrauen, die Wärme, die wir über Jahrzehnte aufgebaut hatten, zersprangen unter seinen Worten.

Ich rang mich zu einer Antwort durch. „Jakob“, sagte ich fest, „wir leben für dich, aber das heißt nicht, dass wir jetzt schon an den Tod denken müssen. Wir sind doch noch da. Zählt das nicht mehr?“ Er zuckte nur mit den Schultern, als wären meine Worte nichts wert. „Ich sorge nur vor“, warf er hin und ging, ließ uns in bedrückender Stille zurück.

Die Nacht war lang. Ich lag wach neben Stefan, hörte seinen gleichmäßigen Atem und fragte mich: Wo haben wir versagt? Haben wir Jakob zu sehr verwöhnt? Ihm zu viel gegeben, ohne zu lehren, dass Menschen mehr zählen als Dinge? Am Morgen sagte Stefan, als hätte er meine Gedanken gelesen: „Er ist noch jung, Monika. Vielleicht versteht er einfach nicht, wie das klingt.“ Doch in seinen Augen war derselbe Schmerz, der auch mich quälte.

Ein Monat ist vergangen, doch das Gespräch bleibt wie ein Dorn im Herzen. Jakob spricht nicht mehr darüber, aber er meidet längere Unterhaltungen mit uns. Als spüre er, dass er zu weit ging, aber nicht weiß, wie er es wiedergutmachen soll. Und ich? Ich denke viel über das Leben nach, darüber, was wirklich zählt. Stefan und ich werden das Testament machen – nicht für Jakob, sondern für uns. Damit alles geregelt ist, wie er sagte. Doch heimlich hoffe ich, dass er eines Tages begreift: Das wahre Erbe sind nicht Geld oder Besitz, sondern die Liebe, die wir ihm ein Leben lang schenkten.

In Rothenburg geht das Leben weiter. Wir planen unsere Reise, lachen über alte Witze und freuen uns, wenn Jakob zu Besuch kommt. Doch dieser Abend hat Spuren hinterlassen – bitter, aber lehrreich. Er erinnerte uns daran, dass die Zeit unerbittlich tickt, und lehrte uns, jeden gemeinsamen Moment zu schätzen. Und Jakob? Vielleicht versteht er irgendwann, dass Familie kein Vertrag ist, sondern eine Verbindung, die von Liebe lebt – nicht von Dokumenten.

**Was ich heute gelernt habe:** Manchmal müssen wir erst verletzt werden, um zu erkennen, was wirklich zählt. Geld kann man vererben – doch wahre Werte muss man leben.

Оцените статью
Der Sohn fordert uns auf, ein Testament zu erstellen. Ich bin 56, mein Mann ist 57.
Die drängende Forderung: Ein Familiendrama um ein Zuhause