Als ich erkrankte, blieb nur sie übrig… Meine alte Hündin, die mich nicht verließ.
Man sagt, dass wahre Treue nicht im Glück, sondern im Unglück geprüft wird. Doch früher dachte ich anders. Solange ich stark war, erfolgreich und umgeben von Menschen – schien die Welt beständig. Ich wurde gebraucht. Familie, Freunde, Kollegen, die Frau, die ich für die Liebe meines Lebens hielt – alle waren da. Solange ich funktionierte: großzügig, fröhlich, in der Lage, Geld zu verdienen, zu helfen, einzuladen.
Dann riss alles ab.
Die Diagnose traf mich wie ein Urteil. Eine seltsame, seltene Krankheit, die die Ärzte zunächst nicht erkannten. Lange wollte ich es nicht glauben. Dann kam die Angst. Und dann die Behandlung – schwer, zermürbend, teuer. Ohne Garantie. Und genau dann kam die wahre Einsamkeit.
Zuerst verschwand sie. Die Frau, der ich mein Herz gegeben hatte, mit der ich das Alter verbringen wollte. Sie sagte, sie sei „nicht bereit für solche Prüfungen“. Dann verschwanden die Freunde. Alle. Sie redeten sich mit Arbeit heraus, versprachen, „zurückzurufen“, taten es aber nie. Selbst die Kinder, erwachsen und mit eigenen Sorgen, kamen immer seltener. Und dann – Stille. Dröhnend. Leer. Nicht von der Krankheit – vom Verrat.
Das Haus wurde zur Wüste. Es fühlte sich an, als sei das Leben verschwunden. Nur ein Geräusch erinnerte mich daran, dass ich nicht ganz allein war: das leise Klackern von Krallen auf dem Boden. Es war sie – die alte Deutsche Schäferhündin namens Lotte. Sie war schon dreizehn, ging schwer, manchmal zog sie die Hinterläufe nach. Wir alterten gemeinsam, Seite an Seite, in einem stummen Pakt.
Sie beschwerte sich nicht. Machte keine Vorwürfe. Sie legte sich einfach neben mich. Legte ihren Kopf auf meine Hand. Wenn es mir besonders schlecht ging – winselte sie leise, als teile sie meinen Schmerz. Ihr Atem in der Nacht war das Einzige, was mir Kraft gab. Was mich davon abhielt, endgültig aufzugeben.
Eines Tages, nach einem ganzen Tag im Bett, bemerkte ich, dass Lotte fehlte. Sie antwortete nicht auf meinen Ruf. Mühsam stand ich auf und fand sie an der Haustür. Sie lag da, starrte darauf, als warte sie auf etwas. Auf jemanden. Hoffte.
Niemand kam.
Ich sammelte alle Kraft, und wir gingen hinaus – zu einem kurzen Spaziergang. Ihre langsamen Schritte neben den meinen wurden zu meinem Sinn. An diesem Tag verstand ich: Ich muss leben. Wenigstens für sie. Wir waren die Letzten füreinander. Sie – meine Wärme. Ich – ihre Pflege. Ich fütterte sie aus der Hand. Sie drängte sich abends an mich, wärmte mich.
Wir überstanden den Winter. Langsam, schwer, aber die Behandlung begann zu wirken. Ich kehrte zurück ins Leben. Und Lotte – sie erlosch. Ihr Blick wurde trübe. Ihr Atem schwer, stockend. Doch jedes Mal, wenn ich näher kam, spitzen sich ihre Ohren und ihr Schwanz wedelte schwach. Sie verlangte nichts. Sie wollte nur da sein.
Und sie war es. Bis zum Ende.
Eines Morgens wachte ich auf – und ihr Atem war verschwunden. Lotte ging leise. So, wie sie gelebt hatte: ohne Abschied, ohne Klagen, ohne Vorwürfe. Sie legte sich einfach neben mein Bett. Und wachte nicht mehr auf. Und mir wurde so leer, wie nie zuvor.
Sie war nicht nur ein Hund. Sie war die Letzte, die blieb, als alle anderen fort waren. Die Letzte, die mir in die Augen sah, ohne wegzublicken. Die mich wärmte, ohne etwas zu verlangen. Die mich nicht verriet. Sie rettete mich, als ich mich selbst für überflüssig hielt.
Ich begrub sie im Garten. Setzte einen Stein. Oft sitze ich dort. Rede mit ihr. Weil es sonst niemanden gibt. Weil niemand mich so gehört hat wie sie. Weil wahre Liebe und Treue manchmal nicht von denen kommen, von denen wir sie erwarten. Nicht von denen, die schwören und versprechen, sondern von dem, der einfach da ist. Bis zum Ende.
Manchmal bleibt nur einer. Und dieser Eine wird alles.