Die Schwiegertochter liegt entspannt im Krankenhaus, während mein Mann und ich völlig erschöpft von der Betreuung der Enkel sind. Sie hat das mit Absicht gemacht, um ins Krankenhaus zu flüchten!
– Mein Sohn sagt nur: „Mama, du siehst doch, wie die Lage ist – nur du kannst uns jetzt helfen!“ – erzählt die sechzigjährige Helga Müller verzweifelt.
– Meine Schwiegertochter, Greta, wurde plötzlich „krank“ – Fieber, Schnupfen, Halsschmerzen, und nach ein paar Tagen verschwand sogar Geruch und Geschmack. Natürlich konnte sie die Kinder nicht mitnehmen. Mein Sohn, Markus, arbeitet von früh bis spät. Und so beschloss Greta, dass sie dringend ins Krankenhaus musste! Also mussten wir die Enkel zu uns nehmen. Jetzt geht schon die zweite Woche, und mein Mann und ich sind am Ende unserer Kräfte!
– Aber sie hat sich doch nicht selbst eingewiesen, oder? Die Ärzte halten sie nicht ohne Grund da. Es scheint ernsthafte gesundheitliche Probleme zu geben…
– Ach, Unsinn! Einundvierzigster Schwangerschaftswoche – was soll da schon sein? Sie muss einfach gebären, das war’s! Es gibt keinen anderen Weg! Beim letzten Mal hat sie so schnell entbunden, dass sie kaum noch rechtzeitig in die Klinik kam. Und jetzt sagen die Ärzte, sie müsse vorsichtig sein, zu kurze Pause zwischen den Geburten. Und jetzt liegt sie schon zwei Wochen im Krankenhaus: erholt sich, dreht sich von einer Seite auf die andere, schaut Serien und wartet auf Wehen. Und wir hier quälen uns mit ihren Kindern!
– Ich verstehe…
– Ehrlich gesagt, ich bin völlig ausgelaugt, ich kann nicht mehr. Den ganzen Tag renne ich wie ein Eichhörnchen im Rad! Abends kommt mein Mann, kümmert sich um die Enkel, und ich kippe vor Erschöpfung um. Ich weiß nicht, wie lange ich das noch durchhalte!
Helga Müller und ihr Mann, Klaus, hüten zwei Enkelkinder – bald kommt ein drittes dazu. Die Kleinen sind erst vier und zwei Jahre alt, richtige Winzlinge. Sie waren fast nie ohne ihre Mutter, schon gar nicht so lange. Wenn Greta früher mal wegmusste, bat sie immer ihre eigene Mutter um Hilfe.
Beim letzten Mal, als sie nur einen Sohn hatten, landete Greta plötzlich im Krankenhaus. Sie schaffte es gerade noch, ihre Mutter anzurufen und das Kind bei der Nachbarin abzugeben. Gretas Mutter kam schnell, und anderthalb Stunden später hatte Greta schon geboren.
Vor einem halben Jahr überraschten Sohn und Schwiegertochter die Eltern mit der Neuigkeit: ein drittes Kind war unterwegs.
– Ich habe Markus damals direkt gefragt: Wollt ihr einen Rekord aufstellen? Warum diese Eile? – erinnert sich Helga. – Und er nur: „Mama, keine Sorge, wir haben alles durchdacht, wir wissen, was wir tun!“ Ich habe nicht weiter diskutiert – wozu? Wenn alles gut läuft, heißt es: „Lasst uns in Ruhe, wir schaffen das allein.“ Aber bei Problemen sofort: „Mama, hilf uns, es gibt niemanden sonst!“ Und das ist erst der Anfang!
Der Älteste ging in den Kindergarten, aber Greta hat ihn abgemeldet, um Krankheiten zu vermeiden. Helga weigert sich, den Jungen durch ganz München zu chauffieren. Sie bleibt mit den Kindern zu Hause, und die ganze Verantwortung lastet auf ihr. Klaus kommt erst abends von der Arbeit. Die Enkel sind hyperaktiv, streiten ständig, lassen sich nicht mit ruhigen Spielen beschäftigen. Das einzige, was hilft: der Fernseher mit Zeichentrickfilmen. Doch selbst in seltenen Momenten der Stille hallen ihr die Stimmen der Kinder in den Ohren.
– Die Kinder sind völlig unselbstständig! Sie können sich nicht mal an- oder ausziehen. Der Jüngste trägt noch Windeln, niemand hat ihm beigebracht, mit dem Löffel zu essen – überall klebt Essen! Ich verstehe nicht, warum sie ein drittes Kind wollen, wenn Greta schon mit zweien überfordert ist. Ich halte das kaum aus!
Opa kommt gegen sieben Uhr nach Hause und übernimmt die Enkel. Helga nutzt die Zeit, um für den nächsten Tag vorzukochen: wäscht, macht Suppe, formt Frikadellen, räumt die Wohnung auf, die die Kleinen in ein Chaos verwandeln. Dann waschen und füttern sie und Klaus die Kinder gemeinsam und bringen sie ins Bett.
Gegen neun Uhr hat Helga endlich eine Minute, um ihren Sohn anzurufen.
– Und? Hat sie schon entbunden? Was sagen die Ärzte?
– Nein, noch nicht, und keiner weiß Genaueres. Sie haben einen Ultraschall gemacht – das Baby ist gesund, endlich ein Mädchen. Jetzt heißt es abwarten.
Mit jedem Tag wächst Helgas Verdruss. Greta, findet sie, lebt wie eine Königin: liegt im Krankenhaus, Markus hat ihr einen Laptop gebracht, sie schaut Serien, plaudert in Foren. Wäre sie zu Hause, hätte sie längst geboren! Aber im Krankenhaus kann sie sich noch wochenlang ausruhen. „Hör auf, herumzulungern! Entweder du bekommst das Kind, oder du kommst nach Hause!“, schimpft Helga am Telefon. „Wenn die Wehen einsetzen, rufen wir einen Krankenwagen, wie normale Menschen!“
– Die Nichte der Nachbarin hat vor einem halben Jahr geboren – abends eingeliefert, am nächsten Tag war sie schon wieder daheim! – fährt Helga fort. – Die Tochter meiner Freundin war auch schnell fertig. Nur bei uns läuft alles schief! Ich sage Markus: Hol deine Frau ab!
– Und was sagt dein Sohn?
– Was soll er schon sagen? „Mama, halt durch, was bringt es, sie jetzt abzuholen? In der einundvierzigsten Woche lässt sie keiner gehen!“ Ich erwidere: Sie soll eine Entlassung auf Verlangen unterschreiben! Die halten sie doch nicht gegen ihren Willen fest. Sie hat zwei kleine Kinder! Aber Markus sagt nur: „Mama, das ist sinnlos, wir holen sie heim, und dann müssen wir gleich wieder zurück…“ Ich weiß nicht mehr weiter. Ich bin am Limit!
Ist die Schwiegertochter wirklich schuld, dass sie die Kinder zurückließ und im Krankenhaus auf die Geburt wartet? Oder hat Helga Unrecht – wenn sie Hilfe versprach, sollte sie nicht jammern? Sohn und Schwiegertochter fragen selten um so etwas. Greta ist nicht auf einer Party, sondern im Krankenhaus. Leute behält man nicht ohne Grund in der Klinik…