*Traumhaftes Wunder im Alter: Wie ein Weihnachtsmann einer Oma Hoffnung schenkte*
Oma Gisela saß am Küchentisch und strickte wollene Socken. In ihrem Ausweis stand zwar „Gisela Schmidt“, aber im ganzen Dorf kannte man sie nur als „Oma Gisela“. Das kleine Örtchen nahe Dresden lebte seinen Alltag, und an diesem letzten Dezembertag erwartete die alte Frau ganz sicher nichts Magisches.
Plötzlich knarrte die Tür, und in der Diele tauchte eine Gestalt in rotem Mantel mit weißem Pelzbesatz auf. Groß, mit üppigem Bart, in Filzstiefeln und einem Sack über der Schulter. Oma Gisela blinzelte, rückte ihre Brille zurecht und erstarrte:
„Bist du etwa… der Weihnachtsmann?“
„Guten Tag, Gisela! Darf ich rein?“ Der Fremde lachte verschwörerisch.
„Ach du liebe Zeit…“, flüsterte sie, „was verschafft mir denn diese Ehre?“
„Schau mal auf den Kalender – heute ist der 31. Dezember! Das Fest steht vor der Tür!“, erklärte er fröhlich.
„Silvester, ja ja“, seufzte Oma Gisela. „Aber warum kommst du ausgerechnet zu mir? Ich bin kein Kind mehr, kann dir keine Gedichte aufsagen und mich auf einen Hocker stellen – mein Rücken tut mir seit Tagen weh.“
„Ich bin nicht deswegen hier. Ich will nur wissen, wie es dir geht. Was Gutes hast du dieses Jahr getan?“, fragte er ernst.
„Wer weiß…“, zuckte sie mit den Schultern. „Nichts Besonderes. Höchstens Handschuhe für die Enkel und Schals für die Nachbarn gestrickt… Aus Langeweile. Zählt das als gute Tat?“
„Natürlich zählt das“, nickte der Weihnachtsmann. „Wo ist eigentlich dein Alter?“
Oma Gisela zwinkerte:
„Willst du etwa mit ihm einen trinken gehen?“
„Ach was, nein!“, erschrak er. „Ich bin doch magisch, das darf ich nicht.“
„Haha… Mein Mann fängt nach zwei Schnäpsen an, Zaubertricks vorzuführen – das ist auch so eine Art ‚Magie‘, nicht? Die Leute hier sind so verschlossen, es gibt kaum noch Fröhliche. Da geht er von Hof zu Hof und macht den Clown. Sollte eigentlich im Zirkus auftreten, ehrlich.“
„Ach was“, wunderte sich der Weihnachtsmann. „Ich kenn ihn – der ist doch kein Entertainer! Der kann nicht mal singen!“
„Nicht singen?!“, rief Oma Gisela. „Der jodelt Volkslieder, dass einem die Ohren klingeln!“
Lachend holte der Weihnachtsmann ein kleines Päckchen aus seinem Sack und reichte es ihr:
„Hier, für dich. Ein wollener Schal mit Mustern – zieh ihn an, und du fühlst dich zehn Jahre jünger. Hast es verdient.“
Oma Gisela öffnete das Päckchen und hielt den Atem an:
„Mein Gott, wie schön! Davon hab’ ich immer geträumt! Danke, alter Freund! Aber wofür so eine Pracht?“
„Dank deinem Heinrich. Er hat mir einen Brief über dich geschrieben.“
Mit diesen Worten ging der „Weihnachtsmann“ in den Flur, zog schnell Mantel und Bart aus, verstaute sie im Schrank und murmelte:
„Tja, Giselas Augen werden echt schlecht. Nicht mal die Stimme ihres eigenen Mannes erkannt… Oder tut sie nur so? Egal, im Frühling fahre ich sie zur Untersuchung in die Stadt.“
Drinnen im Zimmer drehte Oma Gisela, vor dem Spiegel lächelnd, ihren Kopf im neuen Schal und flüsterte:
„So leben wir halt, Hein… Wir tun, als wären wir schwerhörig und kurzsichtig, aber in Wahrheit – wir lieben uns und streiten nicht. Wie könnte man auch, wenn man mit seinem eigenen Zauberer verheiratet ist…“