Ich hab da so eine Geschichte, die einfach perfekt zu Deutschland passt. Also, nach dem Studium heiratete Franziska ihren Max und ging — überraschenderweise — nicht in ihren gelernten Beruf. Sie war eigentlich Volljuristin, aber entschied sich für ein anderes Leben: Gemütlichkeit, Haushalt, Fürsorge. Von morgens bis abends kochte, wusch, putzte, bügelte sie, brachte die Kinder zur Schule, kümmerte sich um Max, half ihrer Schwiegermutter und fuhr manchmal sogar zu ihrer eigenen Mutter, um dort die Fenster zu putzen und jede Ecke der Wohnung blitzblank zu halten. Ihr Leben schien simpel — aber es war voller Liebe, Hingabe und Sinn.
Alle waren glücklich: die Kinder, Max, die Schwiegermutter. Nur ihre eigene Mutter nicht.
„Wozu hast du Jura studiert? Damit du bis zur Rente den Boden schrubbst?“, nörgelte sie.
„Mama, ich helfe dir doch auch…“
„Das habe ich nie verlangt!“, konterte die Mutter.
Franziska war verletzt. Sie ging. Doch eine Woche später stand sie wieder da, mit Putzlappen und Staubsauger. So war sie eben erzogen worden.
Doch eines Tages war ihr Fleiß plötzlich niemandem mehr etwas wert.
„Franziska, ich gehe. Es gibt eine andere“, sagte Max, ohne sie anzusehen.
„Ist sie jünger?“
„Nein. In deinem Alter. Nur… anders. Als Hausfrau bist du perfekt, aber als Frau… Tut mir leid.“
„Und die Kinder? Und ich? Wohin sollen wir?“
„Ihr bleibt hier. Ich helfe, aber nur ein bisschen. Du wirst arbeiten müssen. Das ist fair.“
Franziska schrie nicht. Das lag nicht in ihrer Natur. Sie starrte ihm nur schweigend nach, bevor sie sich im Badezimmer einschloss und weinte, bis die Kinder schliefen.
„Warum heulst du jetzt rum?“, polterte ihre Mutter am Telefon. „Wenn er geht, dann ist das sein Pech! Bist du keine Frau? Reiß dich zusammen! Wenn du nicht als Juristin arbeiten willst, dann mach doch das, was du kannst.“
„Was denn, Mama?“
„Gründe eine Putzfirma. Saubermachen — das ist deine Superkraft. Aber mach es richtig: Verträge, Werbung, Kunden.“
Die ganze Nacht grübelte Franziska. Am nächsten Morgen rief sie ihren Ex-Mann an.
„Könntest du mir… finanziell helfen?“
„Klar“, antwortete Max überrascht. „Ohne Rückzahlung. Das ist mein Dank für alles.“
Eine Woche später mietete sie ein kleines Büro, stellte zwei Frauen ein und erledigte alle Formalitäten selbst. Die ersten Monate waren hart — kaum Anrufe, noch weniger Aufträge. Doch dann postete eine Kundin etwas über sie in den sozialen Medien. Dann eine zweite. Und plötzlich ging die Nachfrage durch die Decke.
Nach drei Monaten hatte sie zwanzig Stammkunden. Nach einem halben Jahr dreiundsiebzig.
Sie kaufte einen Firmenwagen, stellte eine Verwaltungskraft ein, holte eine Anwältin und eine Buchhalterin ins Team.
„Franzi, du bist großartig!“, rief Max sie eines Tages an. „Ich hör, dein Business boomt?“
„Ja, Max. Ich muss sogar expandieren. Und… danke dir für den Anschub damals.“
Die Worte waren ehrlich. Franziska war dankbar — ihm, ihrer Mutter, den Kindern, deren Fragen sie aus ihrer Komfortzone gestoßen hatten.
Ein Jahr später heiratete sie wieder. Diesmal einen Mann, der ihre Entscheidungen respektierte, auf ihre Stärke stolz war und sie als Frau schätzte.
Heute führt Franziska eine Reinigungsfirma mit makellosem Ruf, hat ein sicheres Einkommen und steht fest im Leben. Und alles begann damit, dass sie sich eines Tages aufrappeln, nicht nur den Boden, sondern ihre Tränen wegwischen — und den ersten Schritt gehen musste.