Der Schatten der Vergangenheit: Ein Drama von Abschied und neuem Anfang
Markus kehrt von einer Geschäftsreise in seine Wohnung in Hamburg zurück. Das Taxi hält vor dem Haus, er bezahlt den Fahrer, nimmt seine Koffer und geht zur Tür. Plötzlich öffnet sich die Haustür, und vor ihm steht seine Freundin, Sabine. Ihr Gesicht ist eisig, in den Händen hält sie riesige Müllsäcke.
„Hallo! Räumst du etwa auf?“, versucht Markus zu lächeln, doch seine Stimme zittert vor böser Vorahnung.
„Nein. Das sind deine Sachen“, antwortet Sabine mit gefrorener Stimme.
„Meine Sachen?“ Markus erstarrt, fassungslos. „Was ist passiert?“
Sabine sieht ihn mit so viel Schmerz und Entschlossenheit an, dass sein Herz sich zusammenzieht. Er versteht nicht, was hier vor sich geht.
„Sabine, ich gehe“, flüstert Markus eine Woche zuvor in ihrer gemütlichen Küche. „Wir müssen eine Weile getrennt leben. Du siehst doch, wir streiten uns nur noch. Und das alles wegen Kleinigkeiten.“
Sabine, die mit einer Tasse Tee am Tisch sitzt, blickt ihn mit verwirrten Augen an.
„Getrennt… Ja, klar…“, murmelt sie, als könne sie ihren Ohren nicht trauen. Es fühlt sich an wie ein Albtraum.
„Schön, dass du mich verstehst“, sagt Markus und meidet ihren Blick. „Ich wohne erstmal bei einem Kumpel.“
„Markus, aber du kommst zurück, oder?“ Sabines Stimme bricht, Tränen steigen ihr in die Augen.
„Natürlich komme ich zurück“, wirft er lässig hin. „Jede Beziehung hat mal eine Krise. Wir brauchen einfach Zeit, um alles zu überdenken. Jeder für sich. Ich nehme nicht einmal meine Sachen mit, nur das Nötigste.“
Markus geht, lässt eine halbvolle Kaffeetasse auf dem Tisch stehen. Sabine umschließt sie mit ihren Händen, als wolle sie die Wärme seiner Berührung festhalten. Sie starrt lange ins Leere, als könne sie in den Kaffeeresten ihre Zukunft lesen.
Die ersten Tage rufen sie sich nicht an, schicken sich aber Nachrichten: Smileys, gute-Morgen- und gute-Nacht-Wünsche. Sabine sehnt sich nach ihm. Abends zieht sie sein Hemd an, das noch nach seinem Parfüm riecht, schließt die Augen und stellt sich vor, er wäre da.
Nach einer Woche hält sie es nicht mehr aus und ruft ihn an.
„Markus, bitte komm zurück“, fleht sie. „Ich habe alles überdacht. Es ist meine Schuld. Ich versuche, geduldiger zu sein.“
„Tut mir leid, Sabine, ich bin noch nicht bereit“, antwortet er kühl. „Ich brauche mehr Zeit.“
Nach diesem Gespräch schreibt Markus seltener, antwortet mit Verzögerung. „Schatz, bist du krank?“, „Geht es dir gut?“, „Warum gehst du nicht ran? Bitte antworte, ich mache mir Sorgen!“ – Sabine überschüttet ihn mit Nachrichten, doch die Antworten sind knapp: „Keine Zeit“ oder „Bin beschäftigt“.
Zwei Wochen später nimmt er endlich das Telefon ab.
„Ich will dich so sehr sehen“, weint Sabine. „Es reicht, bitte komm zurück!“
„Sabine, es gibt da etwas“, seine Stimme klingt sachlich. „Ich habe ein Angebot für eine Auslandsreise bekommen. Für ein halbes Jahr. Gutes Geld, ich habe zugestimmt.“
„Gut, ich komme mit“, sagt sie entschlossen.
„Lass das. Es sind nur sechs Monate. Und du hast einen guten Job, warum kündigen?“
„Markus, lass uns heute in unserem Café treffen“, fleht Sabine.
„Geht nicht. Ich bin am Bahnhof, der Zug fährt in einer Stunde.“
Sabine bittet ihre Chefin um eine kurze Pause und rennt zum Bahnhof. Doch sie kommt zu spät. Abends ruft sie ihn an und hört nur: „Der Teilnehmer ist nicht erreichbar.“ „Er hat sicher eine neue SIM-Karte, er ruft bald an“, redet sie sich ein.
Aber die Anrufe bleiben aus. Nach Monaten sieht Sabine die Realität klar. Unter dem Vorwand der Trennung ist Markus einfach verschwunden. Was, wenn er gar nicht im Ausland ist?
„Hallo, Sabine? Ich komme morgen zurück. Treffen wir uns?“ – Markus‘ Stimme am Telefon lässt ihr Herz hüpfen.
„Hallo!“, haucht sie, fast lässt sie das Handy fallen. „Ich bin so froh, dich zu hören… Warum hast du nicht angerufen? Ich wusste nicht, was ich denken soll…“
„Ist eine lange Geschichte. Lass uns morgen reden.“
„Gut, natürlich.“ Sabine spürt, wie neue Hoffnung in ihr aufsteigt.
Er kommt zurück! Morgen sieht sie ihn wieder! Sie weiß es, sie glaubt daran! Sabine verlässt die Arbeit früher und eilt zum Bahnhof.
„Markus!“, stürzt sie sich auf ihn, doch sein Blick ist fremd, kalt. „Fahren wir nach Hause?“
„Sabine, tut mir leid“, er schaut weg. „Ich habe eine andere kennengelernt. Im Zug… Ich werde bald heiraten. Dort, im Ausland.“
Sabines Welt bricht zusammen. Ein Rauschen in den Ohren, alles verschwimmt.
„Ich bin nur zurückgekommen, um ein paar Dinge zu regeln“, fährt er fort. „Ich ziehe für immer weg. Muss meine Sachen holen. Mein Tablet ist noch bei dir…“
Sabine hört nicht zu. Ihr Herz zerbricht.
„Leb wohl“, sagt sie, dreht sich um und geht zum Taxistand.
„Warte, und meine Sachen?“, ruft er ihr nach.
Sabine weiß nicht, wie sie nach Hause kommt. Wie in Trance packt sie alles ein, was an Markus erinnert: seine Kleidung, Bücher, sogar seine alte Zahnbürste. Alles landet in Müllsäcken. Als sie mit den schweren Säcken aus dem Haus tritt, hält ein Taxi. Markus steigt aus.
„Was machst du da?!“, brüllt er. „Meine Sachen wegwerfen? Die sind Geld wert! Wo ist mein Tablet? Willst du es etwa behalten?“
„Keine Sorge, ich will nichts von dir“, antwortet Sabine eisig. „Alles, was dir gehört, ist in diesen Säcken. Sogar deine halbleere Zahnpastatube.“
Markus reißt ihr die Säcke aus der Hand, wirft sie in den Kofferraum und sieht sie verächtlich an.
„Zum Glück habe ich dich nicht geheiratet.“
Sabine geht zurück in die Wohnung, öffnet das Fenster und atmet die klare Frühlingsluft ein. Plötzlich fühlt sie sich leicht, als hätte sie eine Last abgeworfen. Sie weiß, sie ist bereit für einen Neuanfang.
Da fällt ihr Tobias ein – freundlich, einfühlsam, der sie seit Monaten auf ein Date einlädt. Aber sie lehnte immer ab, hoffte auf Markus. Jetzt hält sie nichts mehr zurück.
„Tobias?“, wählt sie seine Nummer. „Gilt deine Einladung ins Café noch?“
„Sabine?“, seine Stimme zittert vor Freude. „Natürlich! Ich bin so froh, dass du zusagst!“
Acht Monate später, im selben Café, bestellt Tobias Sabines Lieblingslied. Dann geht er überraschend auf die Bühne, nimmt das Mikrofon und holt ein Ringkästchen aus der Tasche. Unter Applaus macht er ihr einen Antrag. Sabine zögert keine Sekunde und sagt mit Tränen der Freude: „Ja!“