Nachdem ich die Vergangenheit hinter mir gelassen hatte, fand ich eine doppelte Zukunft.
Drei Jahre nach der Scheidung kam plötzlich ein Anruf, der alles veränderte. Ich war Vater von neugeborenen Zwillingen geworden. Natürlich war ich selbst schuld – ich hätte die Scheidung früher vollziehen lassen sollen. Doch wie sich herausstellte, hatte das Schicksal keine Fehler gemacht. Alles war zum Guten gekommen.
Mit Helga war ich zehn Jahre verheiratet gewesen. Wir hatten zwei Töchter – Lina und Mara, fast im gleichen Alter. Unser Leben verlief, wie bei vielen anderen: Arbeit, Zuhause, Abendessen, Hausaufgaben der Kinder. Doch dann blieb Helga plötzlich häufiger weg – mal wegen einer Freundin, mal wegen einer langen Schlange im Supermarkt, mal wegen einer Überstunde. Bis mir schließlich „wohlmeinende“ Bekannte zuraunten: Sie habe einen anderen.
Ich schwieg nicht. Stellte die Frage direkt – und als Antwort hieß es, ich sei kalt, ließe sie sich nicht wie eine Frau fühlen, der Alltag habe sie verschlungen, und die Mädchen würden sowieso nur mich lieben. Wortwechsel folgte auf Wortwechsel – und Helga ging. Richtig. Mit Sack und Pack, zu ihm. Die Kinder ließ sie bei mir.
Lina und Mara verstanden lange nicht, wo ihre Mutter geblieben war, doch mit der Zeit gewöhnten sie sich daran. Und ich hatte Glück: Bei der Arbeit bot man mir die Leitung einer neuen Filiale in einer anderen Stadt an. Ich sagte zu und zog weg, ohne die Scheidung zu vollenden – die Zeit hatte einfach nicht gereicht.
In der neuen Stadt lernte ich Tanja kennen. Wir waren im gleichen Alter. Auch sie erzog allein zwei Töchter. Alles ergab sich wie von selbst: Wir zogen zusammen, wurden eine Familie. Unsere Kinder waren ähnlich alt – das Haus war voller Leben, Gelächter und Gerufe. Tanja und ich träumten von einem Sohn. Doch es klappte nicht. Wir akzeptierten es.
Dann kam der Anruf.
Auf dem Display: eine Nummer aus meiner Heimatstadt.
„Spreche ich mit Klaus Meier?“
„Ja.“
„Wir müssen Ihnen leider eine traurige Nachricht überbringen. Ihre Frau, Helga Meier, ist nicht aus dem Koma erwacht. Heute ist sie verstorben. Bitte kommen Sie in die Klinik. Morgen gibt es die Entlassung – Sie müssen die Kinder abholen. Den Rest erklären wir vor Ort.“
Ich erstarrte.
„Entschuldigung, aber wir leben seit drei Jahren getrennt. Die Kinder sind bei mir.“
„Im Feld ‚Vater‘ stehen Sie. Die Zwillinge gehen an Sie.“
Und dann ein leises Klicken.
Ich überprüfte die Nummer – tatsächlich die Geburtsklinik. Tanja hatte alles mitgehört. Ihre Augen waren voller Schock. Wir packten schnell, brachten die Mädchen zur Oma und fuhren los.
Vor der Klinik trafen wir Helgas Freundin. Sie erzählte die ganze Geschichte.
Als Helga von der Schwangerschaft erfuhr, war ihr „Geliebter“ verschwunden. Die Schwangerschaft war schwer – Zwillinge. Gegen Ende wurde es schlimmer. Die Babys wurden gerettet, Helga fiel ins Koma. Und wachte nicht mehr auf. Bei der Geburtsregistrierung konnte die Vaterschaft des neuen Mannes nicht bestätigt werden. Und auf dem Papier war sie noch immer meine Frau – die Kinder bekamen meinen Namen.
Ihre Freundin weinte, versprach Hilfe. Und Tanja drückte meine Hand so fest, dass ich taub wurde.
„Tanja?“
„Klaus, nehmen wir sie mit? Bitte…“
„Das sind keine Puppen…“
„Ich meine es ernst. Bei uns hat es nicht geklappt, und jetzt – zwei Jungs, schon unsere… Und die Mädchen werden sich freuen! Sie sind fast wie Geschwister. Bitte…“
Ich gab nach.
Wir nahmen die Jungen mit. Begruben Helga ordentlich. Und zu Hause… Unsere Mädchen kreischten vor Freude, umarmten die Kleinen, konnten nicht glauben, dass sie jetzt Brüder hatten. Nur wunderten sie sich – warum sie Tanjas Babybauch nicht bemerkt hatten…
So kam es also: Ich hatte nicht damit gerechnet, nicht geplant – und war doch Vater von zwei Jungen geworden. Nicht durch Blut, aber durch das Herz. Und vielleicht steckt genau in solchen Geschichten das wahre Glück – das, was kommt, wenn man es am wenigsten erwartet. Wenn man schon aufgegeben hat. Aber bereit ist zu lieben.