Die Nachbarin und ihr kleiner Triumph: Wie die neue Frau gegen die Alte verlor
Alina zog mit ihren beiden Kindern in ihr neues Haus am Stadtrand von München. Kaum waren die Kartons ausgepackt, kam der zehnjährige Max mit einer überraschenden Idee auf sie zu:
„Mama, können wir bitte einen Hund haben?“
„Und eine Katze!“, fügte die achtjährige Lina mit entschlossenem Stirnrunzeln hinzu. „Eine Norwegische Waldkatze!“
Alina lächelte zum ersten Mal seit Wochen – warm, ehrlich, richtig: „Warum eigentlich nicht? Jetzt kann uns keiner mehr was verbieten.“
Kein „Ich habe Allergie“, kein „Ich will keine Haare auf dem Sofa“. Michael, ihr Ex, lebte nicht mehr mit ihnen. Endlich konnte sie tun, was sie wollte.
Zwanzig Minuten später saßen sie im Auto, auf dem Weg zu Bekannten, deren Labradorwelpen gerade geboren worden waren. Ein frecher, schwarzer Racker wählte Max ganz von selbst – er sprang an ihm hoch und ließ nicht mehr los. Sie nannten ihn Bodo.
Dann ging’s zur Zucht. Dort verliebte sich Lina Hals über Kopf in eine graue Norwegische Waldkatze, die am Morgen noch niemand abholen wollte. Sie taufte sie „Gräfin“. Den Rest des Tages verbrachten sie in Zoogeschäften und kauften alles ein, was man so braucht. Die Brieftasche war leer, aber die Herzen voll.
Der Abend war ein einziges Glück: Die Kinder schmusten mit den neuen Vierbeinern, Alina richtete Körbchen ein und googelte Tipps. Das Haus wurde lebendig.
Doch dann piepte es an der Türklingel.
Alina seufzte. Auf dem Bildschirm stand er: Michael. Und neben ihm… Katja.
Währenddessen, im Haus gegenüber, wurde in letzter Minute ein Einweihungsfest vorbereitet. Katja – jung, glamourös, selbstbewusst – lief nervös im Wohnzimmer auf und ab:
„Ausgerechnet dieses Haus?! Direkt unter der Nase deiner Ex?“
„Weil meine Kinder hier sind“, antwortete Michael ruhig. „Ich will in ihrer Nähe sein.“
Katja verzog das Gesicht. Doch dann fiel ihr ein, was ihre Freundin gesagt hatte: „Zeig ihr, wer jetzt die Chefin ist. Lass sie neidisch werden, wenn sie sieht, wie toll du bist.“ Das wurde ihre Mission.
„Na gut. Dann soll sie halt sehen, was sie verpasst hat“, grinste Katja. „Mit ihren Jahren werde ich immer noch besser aussehen als sie jetzt.“
Als der Umzugswagen nebenan hielt, erstarrte Alina am Fenster. Er hatte Katja hierhergebracht. Hierher, wo sie ihr Leben aufgebaut hatte. Er würde ihre Kinder aufwachsen sehen – aber nur durch den Gartenzaun. Etwas Heißes, Bitteres stieg in ihr auf. Doch sie zeigte nichts.
„Mama, holen wir uns wirklich einen Hund?“, fragte Max ernst. „Papa mag die ja nicht.“
„Er wohnt nicht mehr bei uns“, lächelte Alina leise. „Also dürfen wir.“
Während bei Alina ein gemütlicher Abend mit Häppchen und Lachen begann, inszenierten die Nachbarn steife Eleganz. Kellner deckten den Tisch, leise Musik spielte. Katja bereitete sich auf den Besuch von Michaels Familie vor. Dieser Abend sollte ihr Triumph werden. Doch dann… begannen die Gäste zu gehen.
„Katja, die Kinder vermissen Max und Lina, wir gehen mal rüber“, entschuldigte sich Michaels Freund und zog mit seiner Familie zu Alina.
Dann der Geschäftspartner. Dann Michaels Schwester, Anna.
„Alles Gute, aber wir setzen uns lieber zu Alina“, lächelte sie.
Als Michaels Eltern kamen, ging alles schief. Sie begrüßten höflich, schauten sich um – und gingen. Zu Alina. Sie hätten dort ihr Gästezimmer, und sie wollten ihrer Schwiegertochter gratulieren. Der ehemaligen.
Katja kochte vor Wut.
„Sagst du denen gar nichts?“, fauchte sie Michael an.
„Was soll ich sagen?“, seufzte er. „Hier sind wir die Hausherren – auf dem Papier. Aber dort ist meine Familie.“
Eine Stunde später standen sie bei Alina. Grillrauch stieg auf, Kinder lachten, Bodo jagte durch den Garten, und Gräfin klaute Pantoffeln. Alina begrüßte sie gelassen:
„Gläser sind in der Küche. Wenn ihr wollt, bleibt doch.“
Michael entspannte sich. Um ihn herum: Freunde, Kinder, seine Schwester, Eltern. Seine Welt. Katja saß steif in der Ecke, fehl am Platz. Und in diesem Moment begriff sie: Das war kein Sieg.
Sie hatte gegen die verloren, die sie kleinmachen wollte.
Als sie ging, bemerkte es niemand. Nicht mal Michael folgte ihr.
„Er hat nicht einmal an mich gedacht“, flüsterte sie, als sie am Fenster stand und das Lachen und Gitarrenspiel hinter dem Zaun hörte.
In diesem Moment verstand Katja endlich:
In einer fremden Familie bleibt man für immer fremd.